Gibt es ein Grundbedürfnis nach Schönheit?

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Gibt es ein Grundbedürfnis nach Schönheit?

 

Im Herbst 1994 besuchte ich in Slowenien grössere und kleinere Flüchtlingslager. In ehemaligen Militärkasernen und Schulhäusern oder in Barackendörfern stillgelegter Minen lebten damals seit über zwei Jahren Kriegsvertriebene aus Bosnien, zumeist eng zusammengepfercht, Erwachsene und Kinder, manchmal sechs bis acht Personen in einem Raum. Langeweile und untätiges Warten füllten die Tage, Schlaflosigkeit die Nächte. Ich brachte Gedichte von Kindern und Jugendlichen mit nach Hause, darunter eines von Raza Mehmedovic. Dessen Titel und Endvers lautet „Kein bisschen Schönheit“.

„Da ist die Reihe, die Menschen schlecht gelaunt.

Lärm, Töpfe. Frühmorgens das erste Zeichen deiner Nicht-Existenz. Wie ein Parasit

wartest du, nimmst entgegen,

was irgendwer gekocht hat und dir reicht.

Du stehst in der Reihe, die Bündel bewegen sich.

Zu zweit, zu fünft und so weiter.

Gedemütigt gehst du weg, zurück in dein Zimmer,

das du mit dreissig anderen teilst, die sind wie du.

Reihen von Betten, militärgleich, grau die harten Laken und kein bisschen Schönheit.“

In einem der grossen unwirtlichen Lager hatten einige Frauen begonnen, Brachland zwischen den Gebäuden aufzuharken, hatten die Lagerleitung gebeten, ihnen zu Samen zu verhelfen, und als sie diese erhielten, säten sie Gemüse und Blumen, versetzten die Setzlinge und zogen sie auf, hielten die Kinder zum Wassergiessen und Jäten an, in absehbarer Zeit würden sie ernten und den Speisezettel mit eigenen Karotten und Zwiebeln und frischem Salat verbessern können – kurz, nach wenigen Wochen hatte sich rund um diese Gruppe Frauen etwas Bedeutsames verändert: anstelle von „kein bisschen Schönheit“ war ein Garten im Entstehen.

Karl Marx hält im 1. Manuskript der „Ökonomisch-philosophischen Manuskripte“ von 1824 (den sog. „Pariser Fragmenten“) den Unterschied zwischen der Art und Weise, wie Tiere – Bienen, Biber, Ameisen – ihre Unterkünfte bauen und wie Menschen die gegenständliche Welt erzeugen und gestalten. „Das Tier formiert  nur nach dem Mass und dem Bedürfnis der  species, der es angehört, (…); der Mensch formiert auch nach den Gesetzen der Schönheit“ hält er fest. Allerdings – und darauf läuft Marx’s Analyse hinaus –  kommt der Mensch gar nicht dazu, seine Welt nach seinen wirklichen Bedürfnisse zu gestalten, da die Arbeits- und Besitzverhältnisse, die sein Leben prägen, ihn nicht nur vom Produkt seiner Arbeit, sondern von sich selbst entfremden. Und da die Entfremdung der Arbeit zu einer Entfremdung des Menschen von sich selbst führt, bewirkt si auch die Entfremdung von seiner Gattung, so dass er/sie, selber instrumentalisiert zum Zweck der Mehrwertsteigerung des Produkts, resp. der Ware, nichts Zweckfreies mehr schaffen kann. Das Schöne aber ist jedem Zweck enthoben, es ist weder zum Brauchen noch zum Gebrauchtwerden da, es genügt sich selber. Es ist daher eigentlich wert-los, im Gegensatz zu Waren, die, wie Adam Smith schreibt, ihren Zweck der menschlichen „Neigung zum Tauschen und Handeln“ verdanken, welche damit Überproduktion auf der einen Seite, Mangel auf der anderen ausgleicht, seit ältesten Zeiten, und so, im Verhältnis von Angebot und Nachfrage, den Waren Wert verleiht, der Regulationskraft der Bedürfnisse entsprechend. Heisst das, dass das Schöne keinem Bedürfnis entspricht? Und gibt es Dinge, geschaffene Dinge, die wirklich „zweckfrei“ sind?  Sind es die munteren Wellen im Bächlein? Oder……. Kant ist überzeugt, dass

Simone Weil rechnet das Bedürfnis nach Schönheit zu den psychischen Grundbedürfnissen der Menschen.

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