Resolution der Europäischen Frauensynode

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Resolution der Europäischen Frauensynode

 

Präambel

 

Wir, mehr als tausend  Frauen  aus Europa  und der ganzen Welt haben uns in Gmunden  (Öster­ reich) vom 21.  bis  28.  Juli  1996 zur  1.  Europäischen  Frauensynode  versammelt.  Folgende Überzeugungen liegen als gemeinsames  Verständnis  all unserer Arbeit zugrunde.

 

1) Frauenrechte sind fundamentale Menschenrechte

Wir fordern ihre Umsetzung sowohl in Europa  als auch auf der ganzen Welt. Jegliche  Form von Gewalt gegen Frauen weisen wir als Unrecht zurück, sei es physische,  strukturelle oder kulturelle Gewalt.Wir  verpflichten  uns,  gewalttätiges Handeln  beim Namen  zu nennen,  an die Öffentlichkeit  zu bringen  und dagegen  einzuschreiten.

Wir fordern die Akzeptanz unterschiedlicher Lebensformen und klagen Würde  und Respekt  für jeden Menschen  ein.

 

2) Die Erde ist Grundlage allen Lebens

Als  Frauen   werden   wir  die  Wirtschaftsordung  Europas   dahingehend   beeinflussen,   daß  die Bewahrung  der Erde, menschlicher Gemeinschaften  und das Überleben  der folgenden Generatio­ nen gesichert  werden.

Wir  verpflichten uns, Lebensstile  zu entwickeln,  die mit einem nachhaltigen Wirtschaften ver­einbar sind.

 

3) Gerechtigkeit ist die Wurzel harmonischer Beziehungen

Als europäische Frauen fordern wir weltweit  gerechte  wirtschaftliche Bedingungen und gerechte soziale Strukturen. Dies beinhaltet  die gerechte  Verteilung  der Arbeit und die Schaffung men­ schenwürdiger Lebensbedingungen für alle.

Wir verurteilen  Rassismus.

Wir verurteilen  Krieg und ABC­-Waffen.

Wir verurteilen  die Herstellung und den Handel  mit Waffen aller Art.

In  unseren  verschiedenen Liturgien  haben  wir  das  Geschenk  des  Lebens  und  das  göttliche Geheimnis von Beziehungen und Gemeinschaft gefeiert. Davon ausgehend  haben wir die folgen­ den Erklärungen in den Bereichen  Politik, Wirtschaft,  Spiritualität  und Identität verabschiedet.

 

Politik

1)  Wir unterstreichen die Notwendigkeit einer fundamentalen Kritik der politischen Strukturen von Staaten und Glaubensgemeinschaften.

Eine neue Qualität von Entscheidungsfindungsprozessen in Staaten,  Institutionen und Glaubensgemeinschaften ist dringend  erforderlich:

*  Wir  fordern  die  Umsetzung  und  Weiterentwicklung  der  Menschenrechte für  Frauen  und Männer.

* Wir  fordern  die Übernahme  und den Einsatz  internationaler Menschenrechtsinstrumente zu Beendigung aller Formen von Diskriminierung.

* Wir fordern  die Trennung von Staat und Religion.

* Wir fordern  Maßnahmen, um die Bewahrung der Schöpfung zu sichern. Wir verurteilen Fanatismus  im Namen jeder Religion.

2)  Armut  übewinden   bedeutet   strukturelle  Gewalt  zu  überwinden.  Solidarität zeigt  sich  in gerechter  Einkommensverteilung, gerechter  Verteilung  der Arbeit  und des Besitzes.

Wir  solidarisieren  uns  mit  den  Kämpfen schwarzer  Frauen  und  Männer,  Migrantlnnen, Immigrantlnnen,  Sinti und Roma und den Angehörigen  ethnischer Minderheiten um gleiche kulturelle, wirtschaftliche und soziale Bedingungen.

Wir solidarisieren uns mit lesbischen und bisexuellen Frauen im Kampf gegen ihre Diskriminie­rung und Kriminalisierung in der Gesellschaft  und in Glaubensgemeinschaften.

Wir fordern, daß sexuelle  Gewalt im Zuge bewaffneter Auseinandersetzungen als Grund für die Gewährung von Asyl anerkannt  wird.

Wir fordern, daß andauernde oder systematische sexuelle Gewalt  gegen Frauen  und Kinder und Vergewaltigung  durch Angehörige staatlicher  Organe, des Militärs  oder paramilitärischer Gruppen sowie die drohende genitale Beschneidung von Mädchen und Frauen als Grund für die Gewährung von Asyl anerkannt  werden.

Wir verurteilen sexuelle  Gewalt und Vergewaltigung als Mittel  der Kriegsführung.

Wir  verlangen die Bereitstellung therapeutischer Betreuung für Frauen,  die Gewalt  in bewaff­neten Konflikten  und im zivilen Leben erlitten haben.

Wir verlangen, daß Initiativen  von Frauen  zur gewaltfreien Veränderung  der Gesellschaft  alle notwendige Unterstützung erhalten.

Wir verpflichten uns selbst, an der Umsetzung  dieser Ziele zu arbeiten.

 

Wirtschaft

1) Wir Frauen befinden uns im Zentrum  der Wirtschaft, verrichten  wir doch 2/3 aller Arbeit. Wir fordern die Anerkennung all unserer Arbeit ­ sei sie bezahlt oder unbezahlt  ­ in allen Bereichen, auch  in den Berechnungen des  Bruttosozialprodukts  und  in den  offziellen  Statistiken.  Wir fordern die volle Partizipation von Frauen  in Entscheidungsprozessen säkularer  und religiöser Institutionen.

Wir verpflichten uns selbst,

a) Netzwerke zu schaffen, um ein neues Wirtschaftsmodell zu entwickeln,  das sich orientiert  am guten Leben  und überleben aller: Frauen, Männer, Kinder und der Schöpfung.

b) Netzwerke zu gründen und zu unterstützen, die die Solidarität von Frauen  aus Süd, Nord,  Ost und West fördern.

2) Wir fordern den Widerstand von Frauen und Männern  gegen den Neoliberalismus und andere politische Strömungen mit ihren vernichtenden Auswirkungen, wie Kürzungen  von Sozialleistun­gen, Strukturanpassungsprogrammen, Frauenhandel, Sextourismus, Migration  und  die  Aus­beutung  der Erde.

Neoliberalismus, wie er sich in der Politik der Weltbank,  des Internationalen Währungsfonds und der Europäischen Union manifestiert,  stellt Märkte und Geld an die erste Stelle. Wir sind über­ zeugt,  daß Menschen in all ihrer Vielfalt Vorrang  haben müssen.  Daher  fordern  wir alternative Modelle,  die kreative  Wege  der Gestaltung  von Arbeits­  und Freizeit  sowie der Verteilung der Arbeit ermöglichen.

Wir   fordern  unsere   nationalen   Regierungen   auf,  alternative   Formen   der  Lebensgestaltung anzuerkennen.  Entsprechend  diesen  Forderungen  verlangen   wir  allfällige  Änderungen  der Gesetzgebung.

Das Persönliche  ist politisch. Kleine Schritte im Alltag sind deshalb entscheidend, wie z.B. die Macht, die wir durch unser Konsumverhalten ausüben.

 

Spiritualität

1) Frauen haben spirituelle und religiöse Autorität in allen Lebensbereichen. Deshalb fordern wir Zugang zu allen kirchlichen Ämtern, einschließlich der Frauenordination  in der römisch­katho­ lischen Kirche.

Wenn wir die heilige Kommunion an unseren Küchentischen miteinander teilen, feiern wir das Sakrament des täglichen  Lebens.

Wir schätzen die vielfältige und kreative Arbeit von Frauen in Theologie,  Bildung  und Erziehung, Pastoral und Liturgie.

2) Wir sind inspiriert von einer Schöpfungsspiritualität, die sowohl aus vergangenen Traditionen als auch vom gegenwärtigen liturgischen Handlen  von Frauen genährt  wird.

Wir bejahen  die Spiritualität von Frauenerfahrungen als neue Mystik  und Prophetie,  die aus der Solidarität  und dem Kampf für Gerechtigkeit, Frieden  und Bewahrung der Schöpfung geboren wurde.

Wir  bejahen die Spiritualität des Widerstands   und  des Dialogs,  die auf den  Erfahrungen  von Frauen und den gewaltlosen Traditionen unserer verschiedenen Religionen  und Glaubensgemein­ schaften aufbaut.

3) Wir bekräftigen die Spiritualität des Widerstandes gegen das gegenwärtig weltweite neolibera­ le  Modell der  Marktwirtschaft und  seine  vernichtenden Auswirkungen  auf Frauen  und  ihre kulturellen, ethnischen und nationalen Gemeinschaften. Wir haben tiefen Repekt  für die Kreativi­tät  von  Frauen,   die  alternative Lebensformen  und  Modelle  des  Überlebens  entwickeln,   z.B. indigene  Frauen,  arme Frauen in Europa und in anderen Teilen der Welt.

Wir verurteilen die kulturelle Mißachtung  und Unterdrückung von Frauen  und Minderheiten in Osteuropa.

 

Identität

Die Erste Europäische  Frauensynode verpflichtet sich, Frauen zur Leitung  in Kirchen  und in der Gesellschaft zu ermächtigen: durch  Selbstbewußtsein und gegenseitige Akzeptanz, die in der Macht   der  Weisheit,  unserer  Fachkompetenz, unserem  Mut,  unserer  Soldiarität und  unserem Mitleiden gründet.

Wir bekräftigen die Macht  in Beziehungen  und unsere Gabe andere zu ermächtigen. Folgende Anliegen haben  deswegen  für uns Vorrang:

* Das Recht einer jeden  Frau, über ihren eigenen  Körper zu bestimmen.

* Wir bejahen das Leben  und eine Vielfalt an Lebensformen.

* Wir  verurteilen sexuelle  Gewalt  gegen Frauen  zu Hause,  am Arbeitsplatz und  in  religiösen Gemeinschaften.

* Wir forden mit Nachdruck die Ordination von Frauen in allen Kirchen,  die zu einem gleichbe­rechtigten  Status von Frauen und Männern  in allen kirchlichen Ämtern führen muß.

* Unsere Wertschätzung gilt der Arbeit von NGOs für Gerechtigkeit, Entwicklung und Frieden.

* Wir solidarisieren uns mit schwarzen Frauen in ihrem Kampf zur Befreiung von der doppelten Last durch Rassismus und Sexismus.

* Wir setzen uns ein für die Abschaffung  von Gesetzen,  die Lesben  diskriminieren.

* In der Folge der Katastrophe von Tschernobyl wenden wir uns gegen die Nutzung  von Atom­energie  und Atomwaffen  und fordern geeignete Maßnahmen für die Opfer solcher Katastrophen.

*  Wir wenden  uns gegen  den systematischen  Ausschluß  von Frauen  aus Leitungsfunktionen in den Kirchen  und in der Gesellschaft.

Wir  unterstützen die Ergebnisse der Plattform von Peking,  die bereits  von 189 Regierungen unterzeichnet  wurden. Unsere  Regierungen  werden  wir  ständig  daran  erinneren,  diese Ent­scheidungen umzusetzen.

2) Regierungen und  Religionsgemeinschaften werden  aufgefordert in ihrer  Gesetzgebung die Rechte  und die Würde von Frauen überall im Einvernehmen mit der Menschenrechtscharta der Vereinten  Nationen zu garantieren,  besonderes  Anliegen  sind  uns:  lesbische  und  bisexuelle Frauen, Frauen, die Gewalt ausgesetzt  sind ­ besonders  wenn diese zu Hause  geschieht,  sexuelle Belästigung in pastoralen Beziehungen und Frauen,  die in Prostitution und Armut  gezwungen werden.

Wir  fordern  Frauen   auf,  eine  aktive  Rolle  in politischen  und  religiösen  Leitungspositionen einzunehmen   und  wir  verpflichten  uns,  uns  für die Abschaffung  ungerechter Strukturen ein­zusetzen.

 

 

 

 

 

Der Evangelische Pressedienst epd hat sofort nach der Frauensynode eine Dokumentation herausgegeben mit den Hauptreferaten sowie dem vorbereiteten Text der erkrankten  Referentin Regine Hildebrandt etc. Das Heft epdDokumentation Nr.  33/96 (49 S.) kann bei mir für Fr.  7.­­ bezogen werden.  (Einziger Schönheitsfehler:  die Übersetzung  der Resolutionen in dieser Schrift ist nicht optimal, da zu diesem Zeitpunkt  noch nicht verfügbar)

 

In Arbeit ist auch eine ausführliche Schlussdokumentation, mit Workshop­ Berichten,  Beiträgen  über Perspektiven und Projekte in verschiedenen Ländern.  Es soll ein Handbuch zum Weiterarbeiten für Dabeigewesene und andere Interessierte sein. Umfang:  160  Seiten, Kosten ca. Fr.  30.­­.  Genauere Angaben mit Bestelltalon  ca. Dez./Jan.

 

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für epd Dokumentation Nr.  33/96 zum Preis von Fr.  7.­­ + Porto

 

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