Eine Kultur der Solidarität aus Freiheit – Überlegungen zum Paradox der sozialen Arbeit

Eine Kultur der Solidarität aus Freiheit[1]

Überlegungen zum Paradox der sozialen Arbeit

 

Meine Überlegungen gehen von einem Paradox aus: Die Schule für Soziale Arbeit, deren Anfänge in die Anfänge dieses Jahrhunderts zurückreichen, setzt sich zum Ziel, Frauen und Männer auszubilden, deren Berufsziel es nach wie vor sein wird, die Folgelasten und Leidenswirkungen von sozialer Ungleichheit aufzufangen, eventuell zu mildern oder zu verändern. Soziale Ungleichheit und damit verbundenes Leiden werden somit weiterhin vorausgesetzt, quasi als gesellschaftliche Invariable. Mit anderen Worten: Materielle und psychische  Not, daraus resultierende Entwurzelungen, äussere und innere Emigration, Ausgrenzungen und Ausweglosigkeiten, Abhängigkeiten, Süchtigkeiten, Gewalt, Delinquenz und andere Formen der Hilflosigkeit sind die notwendige Bedingung für einen vielseitigen und anspruchsvollen, breit gefächerten Berufszweig. Das heisst, für dessen Tätigkeit, für dessen Fachwissen und Engagement müssen Ursachen vorausgesetzt werden, deren Folgenbekämpfung zugleich sein Ziel ist – eine paradoxale Situation.

Zur analytischen – sowohl historischen wie aktuellen – Ausleuchtung dieses Paradoxes möchte ich Sie in der nächsten halben Stunde einladen. Eventuell wird es gelingen, aus der Analyse Optionen für die Zukunft herauszuschälen, die sich von den vergangenen unterscheiden: Optionen für eine Kultur der Solidarität – aus Freiheit, eventuell auch Optionen für eine neue Definition der Sozialarbeit als – pollitisch definierte – Kulturarbeit. Wie ich dies verstehe, werde ich gleich erläutern.

(I) Als im Jahre 1908 zwei junge Frauen, Mentona Moser und Maria Fierz, die einander in London an der Schule für Sozialarbeit kennengelernt hatten, im Grossmünsterschulhaus den ersten Kurs zur “Einführung in die soziale Hilfstätigkeit” anboten, ging es um etwas grundlegend Politisches: Anstelle der willkürlichen “Wohltätigkeit”, zu welcher Damen aus der “guten Gesellschaft” sich je nach dem verpflichtet fühlten, sollte eine verpflichtende und verlässliche professionelle Leistung treten. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs und mit der krisenhaften Verschärfung von Armut, Erwerbslosigkeit, Wohnproblemen und Hunger in den darauf folgenden Jahren wurden die Kurse ausgebaut und erweitert. In der Nachfolge Mentona Mosers, die ihr sozial-politisches Engagement radikalisierrte und von der Schulleitung zurücktrat, stand nun Martha von Meyenburg bei der Gestaltung und Leitung der neuen Ausbildung Maria Fierz zur Seite. 1921 gründeten die beiden Frauen die “Soziale Frauenschule Zürich”, die von Anfang an vom Kanton Zürich subventioniert wurde, später auch vom Bund und von der Stadt Zürich. Bis 1934 stand Martha von Meyenburg der “Sozialen Frauenschule” als Leiterin vor. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, von 1946 an, wurden auch Männer zur Ausbildung an der “Sozialen Frauenschule” zugelassen, die infolge dieser Öffnung 1949 ihren Namen änderte und sich fortan “Schule für Soziale Arbeit” nannte.

Bedeutungsvoll erscheint mir, dass in der Schweiz – nicht nur in Zürich, sondern ebenso in Luzern, in Genf und in anderen Städten – die Gründung von Schulen für Sozialarbeit in jener Zeit das Werk von Frauen war. Auch in den meisten anderen europäischen und ausser-europäischen Ländern ergriffen Frauen sozialpolitische Initiativen, lange bevor sie über politische Rechte verfügten. Ich erinnere etwa an die von der amerikanischen Soziologin und Sozialarbeiterin Jane Adams geleitete Internationale Friedenskonferenz der Frauen in Den Haag am 15. Mai 1899, der ersten dieser Art. Am gleichen Tag veranstalteten überall in der Welt Frauenorganisationen Kundgebungen: gegen das Wettrüsten, gegen Militarismus und Krieg. Besonderen Mut brauchte es für die Friedensdemonstrationen im damaligen Russland, da alle öffentlichen politischen Versammlungen, geschweige solche von Frauen, durch die zaristische Polizei verboten waren. In Spanien und in Japan gingen die Frauen an diesem Tag überhaupt das erstemal organisiert mit einem politischen Anliegen auf die Strasse. In Amerika schlossen sich 1’250’000 Frauen den Kundgebungen an. Der Bericht, den die deutsche Pazifistin Margarete Lenore Selenka für die Friedenskonferenz von Den Haag verfasste, liest sich heute mit Staunen. Er ist ein Dokument für die Kraft, die Frauen in allen Ländern befähigte, nicht nur gegen die Kolonialkriege – etwa die Burenkriege – und gegen das Wettrüsten in Europa aufzustehen, das zu den zwei Weltkriegen führte, deren menschliche und kulturelle, moralische und materielle Zerstörungswirkung bis heute nicht geheilt ist, sondern gegen jede Art von Verachtung und Minderachtung menschlichen Lebens. Sie kämpften für die Achtung ihres eigenen Frauenlebens, für welches sie die gleichen beruflichen und persönlichen Entfaltungsmöglichkeiten und Rechte forderten, wie die Männer sie selbstverständlich  für sich beanspruchten, für die Achtung des Lebens der Kinder, für welche sie Gesetze gegen Ausbeutung und das allgemeine Recht auf Schulung und Bildung forderten und durchsetzten, für die Achtung des Lebens von Arbeiterinnen und Arbeitern, für die sie gesetzlich geregelte Arbeitszeit, Schutzbestimmungen am Arbeitsplatz und Arbeitslosengelder verlangten. Sie protestierten, gingen auf die Srasse, organisierten Versammlungen, hielten Reden und schrieben Manifeste, Briefe und Bücher, sie kämpften gegen Gewalt und Prostitution, gegen Verwahrlosung, Alkoholismus und Tuberkulose, sie gründeten und leiteten Schulen und Frauenbildungsstätten, Waisenhäuser, Kinderbetreuungsheime, Parteihochschulen und vieles mehr. Es waren Frauen aus allen Schichten der Gesellschaft, sie waren religiös oder nicht religiös, protestantisch, katholisch oder jüdisch, bürgerliche Frauen, Sozialistinnen, Kommunistinnen oder Parteilose, verheiratete Frauen oder unverheiratete. Einzelne, zumeist selbst Opfer, erkannten damals schon die besondere Bedrohung, die aus Rassismus und Antisemitismus erwuchs, eine bereits vor dem Ersten Weltkrieg quasi institutionalisierte Form der Menschenverachtung, so wie jene der rücksichtslosen Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft und menschlicher Existenz oder wie jene des kalten Bürokratismus, für den menschliche Existenz nichts wie eine Nummer ist, ein “Fall”.

Gegen alle diese Zeitströmungen leisteten Frauen Widerstand. Dabei ging es ihnen um mehr als um die Verbesserung ihrer eigenen Lebensbedingungen. Es ging ihnen um die Lebensbedingungen derjenigen Menschen, die sich selbst nicht wehren konnten, aus mannigfaltigen Gründen. Im Grunde genommen ging es ihnen um die Qualität des Zusammenlebens überhaupt. Diese aber misst sich an der Lebensqualität der Schwächsten in einer Gesellschaft.

Ich denke, dass diese Rückbesinnung auf die Anfangszeiten der Schule für soziale Arbeit heute wichtig ist, nicht nur, weil ein neues Schulgebäude eingeweiht wird, sondern weil wir erneut in einer Zeit der Krise stehen und Orientierungshilfen brauchen. Was stand für die Frauen, die damals, in der damaligen Krisenzeit, Initiativen ergriffen, im Mittelpunkt? Es war der Widerstand gegen die Zeitströmungen, es war die Unverfügbarkeit des einzelnen menschlichen Lebens und der Wert der menschlichen Beziehungen. Sozialarbeit wurde als “politisches Handeln” verstanden, lange bevor dieser Begriff durch Hannah Arendt die Bedeutung bekam, welche Frauen wie Jane Adams und Mentona Moser durch ihr Werk und durch ihr Einstehen für dessen Umsetzung, für dessen praktische sozialpolitische Wirkung vorlebten, wie es zu jener Zeit viele weitere Frauen taten, unter anderen, allein in der Schweiz,  Marie Goegg-Pouchoulin, Rosa Bloch-Bollag, Verena Conzett-Knecht, Clara Ragaz, Caroline Farner, Margarethe Faas-Hardegger, Marie Humbert-Müller, Meta von Salis-Marschlins, Emma Pieczynska-Reichenbach, Regina Kägi-Fuchsmann – um nur einige wenige zu nennen.

(II) Meine erste These ist, dass Sozialarbeit als politisches Handeln zu verstehen ist, will sie mehr und anderes sein als Verwaltung von Stellen und Budgets, letztlich mehr als Verwaltung von Menschen in Not. Sozialarbeit ist als politisches Handeln zu verstehen, wenn sie, im Sinn der vorausdenkenden Gründerinnen, zur gesellschaftlichen Veränderung beitragen will. Warum? Politisches Handeln ist Ausdruck von Freiheit. Es setzt Wahlmöglichkeiten für Entscheide der Lebensgestaltung voraus, die über das private Überleben und Leben hinausgehen, die das Zusammenleben mit den anderen Menschen, das Zusammenleben in der Pluralität der Beziehungen betreffen. Diese Freiheit fehlt jenen Menschen, die sich in psychischen, rechtlichen und materiellen Zwangslagen befinden. Darin besteht ja das eigentliche Unrecht sozialer Ungleichheit, dass Menschen in Notlagen der Freiheit verlustig gehen. Dass Kinder und Jugendliche, die in psychischen oder in materiellen Zwangslagen aufwachsen, nur sehr schwer diese Freiheit erringen können. Daraus lässt sich die Forderung ableiten, dass Armut und jede Form der sozialen und politischen Ausgrenzung aus Gründen der Demokratie vermieden werden muss, da Demokratie die Partizipation aller, die zusammenleben, am politischen Handeln bedeutet, das heisst an den Entscheiden, die alle betreffen, die zusammenleben.

Die – heute gemeinhin bedauerte – Lähmung der Demokratie hängt nicht zuletzt mit der Verwechslung von politischem Handeln mit wirtschaftlichem Handeln zusammen. Während das erste sich nach Zielen ausrichtet, die eine Optimierung der Lebensqualität der vielen, die zusammenleben, beinhaltet, strebt das zweite eine Optimierung des partikulären Vorteils an, ob dieser Mehrwert- oder Machtsteigerung bedeute.  Theodor W. Adorno hielt in den 1944 entstandenen “Minima Moralia”, im Paragraphen 13 fest, dass “der Blick auf mögliche Vorteile der Todfeind menschenwürdiger Beziehungen ist. Aus solchen kann Solidarität und Füreinanereinstehen folgen, aber nie können sie im Gedanken an praktische Zwecke entspringen.” Adornos Feststellung entspricht Hannah Arendts Unterscheidung zwischen “polis” und “oikos”, resp. zwischen politischem Handeln, das sich nach überpersönlichen, zwischenmenschlichen Zielsetzungen ausrichtet, und wirtschaftlichem Handeln, das dem Erreichen kurzfristiger Zwecke dient. So verstandenes politisches Handeln könnte somit – theoretisch – zu einem Verzicht auf persönlichen Vorteil führen, auf materiellen wie auf machtmässigen, zu Gunsten des Vorteils der vielen, resp. zu Gunsten der Qualität des Zusammenlebens. Empirisch ist es leider anders. Aus diesem theoretischen Verständnis von Freiheit könnte jene gegenseitig-vielseitig unterstützende Zwischenmenschlichkeit erwachsen, die der ursprünglichen Bedeutung von Solidarität entspricht, sowie jene intensive plurale Kreativität, die ich als “Kultur” verstehe.

“Solidarität” und “Kultur” sind – durch ihre Ableitung aus dem politischen Handeln –  Geschwisterbegriffe. Solidarität und Kultur sind jedoch immer kontingent, es gibt dafür keine metaphysischen Legitimationsrekurse, oder falls solche in der Vergangenheit behauptet wurden, haben sie sich als brüchig, wenn nicht gar als totalitär, jedenfalls als obsolet erwiesen. Aber es gibt den pragmatischen (auch wissenschaftlich-theoretisch abgestützten) Rekurs auf die Grundbedürfnisse, die allen Menschen eigen sind, darunter auf jene, deren Erfüllung Respekt vor der Persönlichkeit, soziale Integration und politische Mitbestimmung bedeutet, deren Nicht-Erfüllung leidvolle Entfremdungsfolgen nach sich zieht, die zum Teil interiorisiert werden, sich etwa in Süchtigkeiten und anderen psychischen Erkrankungen zeigen, die andererseits durch Gewalt und Agressivität exteriorisiert werden. Der Rekurs auf die Grundbedürfnisse ist allgemeinverbindlich.

Die menschlichen, zwischenmenschlichen und sozialen Folgelasten der Nichterfüllung wichtiger psychischer und sozio-politischer Grundbdürfnisse sind enorm. Angesichts der kaum mehr tragbaren Folgelasten der Nichterfüllung infolge von Erwerbslosigkeit, Ausgrenzung, Armut und – je nach dem – demütigender Fürsorgeabhängigkeit, aber auch angesichts der gesamten Komplexität der politischen und gesellschaftlichen Erbschaften, welche die Menschen von heute insgesamt zu lähmen scheinen, welche ängstigen und daher die Gefahr neuer (oder alter) komplexitätsverringernder Massenrezepte entstehen lassen, jedoch auch, im positiven Sinn, angesichts der Pluralität der Weltbilder, Welt- und Existenzerklärungen, die wir als Errungenschaft verteidigen, könnten die Geschwisterbegriffe “Solidarität” und “Kultur”, verstanden als Ausdruck partizipativen politischen Handelns, als Ausdruck von Freiheit, sich im Rekurs auf die Freiheit vorweg als menschenwürdige gesellschaftliche Realiltät konstituieren, als erneuerungsfähige Demokratie und damit als Option für die Zukunft.

Damit diese Option jedoch eine Chance hat, müssen die Voraussetzungen für politische Partizipation auf weitsichtige Weise geschaffen und verstärkt werden. Diese Voraussetzungen beinhalten Grundbildung und Weiterbildung in allen Bereichen, sprachliche Ausdrucksfähigkeit sowie Berufs- und Erwerbsmöglichkeiten für alle Menschen, welches auch ihre Talente und Kräfte seien, ihre Mittel, Herkünfte und Entwicklungsgeschichten. Partizipatives politisches Handeln setzt voraus, dass buchstäblich jeder Mensch, ohne Ausnahme, über Freiheit verfügt und einen irgendwie nützlichen Beitrag zum pluralen Zusammenleben leisten kann, und dies wiederum setzt voraus, dass jedem Menschen die Chance geboten wird, von Kindheit an die Freiheit einzuüben und zu gebrauchen, dass Widerspruch, Umwege, Fehlentscheide und Korrekturmöglichkeiten sanktionsfrei als Lernprozesse zugestanden werden. Auf Grund der Erkenntnis der gegenseitigen Bedingtheit von Freiheit, Kultur und Solidarität darf niemand für nutzlos oder für überflüssig erklärt werden.

(III) Sozialarbeit ist daher Kulturarbeit. Dies ist meine zweite These. Da Kultur nur im Raum partizipativer Freiheit gedeiht, da dieser Raum sich vorweg prozesshaft gestaltet, da er kein – irgendwie privilegiertes – Zentrum besitzt, daher auch keine Ränder (“margines”) und keine Randständigkeiten (Marginalisationen), bedingen Kultur und Solidarität einander gegenseitig. Dem Abbau oder Verlust dieser politisch gefährdeten, aber menschlich enorm motivierenden und wärmenden Interdependenz vorzubeugen und entgegenzuwirken, ist Aufgabe der Sozialarbeit. Diejenigen Menschen, die sich für diese Aufgaben professionell engagieren, bedürfen jedoch der Institutionen, die sie stützen und die ihrer Berufsausübung eine überpersönliche Legitimation verleihen. Früher – und zum Teil bis in die jüngste Zeit –  waren diese Institutionen die Kirchen, resp. die religiösen Gemeinden, sodann im Zusammenhang mit der Säkularisation, an vielen Orten noch weit über das ausgehende 19. Jahrhundert hinaus, gehörte das sog. “Armenwesen” zum Kompetenzbereich der Polizei, später zu jenem der Gesundheitsdienste. Mir scheint jedoch, dass weder eine karitative noch eine kontrollierende, ev. gar repressive noch eine therapeutische institutionelle Verankerung langfristig den im Sozialbereich sich stellenden Aufgaben genügen kann. Wie (d.h. durch welche übergeordneten Aufgaben und durch welches Menschenbild) diese Verankerung definiert ist, hat jedoch enorme Auswirkungen. Wollen wir angesichts der mannigfaltigen Verschiedenheit der vielen, die zusammenleben, den Primat des politischen Handelns verteidigen, mit den daraus sich ergebenden Möglichkeiten der Korrigierbarkeit und der Komplementarietät des Entscheidens und Handelns, wollen wir daher eine möglichst optimale Qualität des pluralen Zusammenlebens und partizipativer Freiheit verteidigen – nicht eine Qualität privilegierter Weniger zu Lasten verwalteter Knappheiten, Abhängigkeitsfrustrationen und Leidensfolgen vieler, muss das Wagnis gewagt werden, Sozialarbeit als Kulturarbeit auch gesamtgesellschaftlich neu zuzuordnen. Da ich um die aktuellen Diskussionen im Zusammenhang mit der anstehenden Verwaltungsreform weiss, plädiere ich für eine Zuteilung des gesamten Sozialwesens zu einem neu zu schaffenden Kultur- und Sozialdepartement – und dies sowohl auf Gemeinde- wie auf Kantonsebene. Eine Zuordnung zum Polizei- und Militärdepartement kommt einer Verhöhnung dessen gleich, was Sozialarbeit als Kulturarbeit bedeutet, und eine Unterordnung derjenigen Menschen, die in Not geraten, unter die Kategorie “Sicherheitsrisiko”, ist ein Akt der Menschenverachtung.

(IV) Ich komme zum Schluss. Gesellschaften entwickeln sich nicht nach festen, quasi naturgesetzlich vorhersehbaren Gesetzen, sie entscheiden selber über die Art und das “Klima”  des Raums, in welchem sie sich entwickeln, ob dies ein vorweg sich öffnender Raum des vielfältigen, möglichst leidensfreien Zusammenlebens sei, ein Raum der partizipativen Freiheit der vielen, die zusammenleben, und so ein Raum der Kultur qua Solidarität, oder ob es ein sich verengender Raum sei, ein Raum, der nur sich gegenseitig bekämpfenden Starken Handlungsmöglichkeiten und Platz bietet, in welchem die Verachtung der Anderen, der ev. Schwächeren zu zunehmenden Ausgrenzungen, zu zunehmender Barbarei führt. Vielleicht lässt sich das soziale Paradox nie völlig lösen; die Aufgaben eines “Füreinandereinstehens” in Freiheit stellen sich immer wieder von neuem. Wichtig scheint mir, diese Aufgaben als Möglichkeit zu verstehen, kreative Vernunft zu aktivieren und so umzusetzen, dass Ursachen und Folgen sozialer Ungerechtigkeit und menschlicher Entwertung korrigiert werden können, so dass der Blick auf die Komplexität menschlichen Zusammenlebens, der einhergeht mit dem blick auf die Zukunft, angstfreier und sicherer werden kann.

 

[1] erstmals anlässlich der Einweihung der Schule für Soziale Arbeit Zürich, Mai 1997

 

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