Lissy und Adolf Funk in Wollishofen – Zur Eröffnung der gemeinsamen Ausstellung am 2. November 1990
Lissy und Adolf Funk in Wollishofen – Zur Eröffnung der gemeinsamen Ausstellung am 2.November 1990
Liebe Gäste, liebe Freunde und Freundinnen von Lissy und Dölf Funk,
Es ist eine grosse, Freude, mit Ihnen gemeinsam diese kleine Werkschau des verehrten Künstlerpaars eröffnen zu dürfen.
Nicht oft ist es Lissy und Dölf Funk, die beide schon in weltberühmten Museen, in grossen Hallen und Sälen ausgestellt haben, vergönnt, ihre Werke gemeinsam in einer vergleichbaren Intimität zu zeigen. Damit meine ich sowohl die warme Privatheit dieses alten Wohnhauses, das nun als Ortsmuseum dient, wie die Nähe zur Kalchbühlstrasse, wo die Künstlerin und der Künstler leben und arbeiten.
Lissy und Adolf Funk sind in Wollishofen seit langem keine “Fremden” mehr, “Zugezogenen”, keine obwohl beide aus ganz anderen Weltgegenden kommen – er aus der heiteren Gegend des Bielersees, aus Nidau, und sie aus Berlin, wo sie ihre frühe Kindheit verbrachte und von wo sie, noch zur Kaiserzeit, zusammen mit Mutter und Schwester in die Schweiz zog, in ein stilles, abgelegenes Tessinerdorf, wo sie heranwuchs.
Seit vielen Jahren also lebt das Künstlerpaar hier im Quartier, an der Grenze zwischen Stadt und Sihltal, auf dem Hügel über dem See, und auf ihre je eigene Art haben die zwei so verschiedenen Menschen das Quartier mitgeprägt, das darf man wohl sagen: durch ihre physische Präsenz hier, durch die Freundlichkeit ihrer Erscheinung ebenso wie durch ihre Tätigkeit auf der Rückseite des unscheinbaren Wohnhauses, in den zwei Ateliers, wo oft spät nachts noch das Licht brennt, wie ein Orientierungspunkt im Quartier – im Sommer für Nachtfalter und taumelnde Mücken, das ganze Jahr über für späte Heimkehrende oder für ängstliche Kinder und schlaflose Nachbarn und Nachbarinnen, wer weiss.
Aber so wie das Künstlerpaar das Quartier mitprägt, findet sich ein Niederschlag dieses Stadtteils im Werk der Künstlerin und des Künstlers: der flimmernde Reflex des Sees und der weite Himmel darüber, wie er sich vom Gemüsegarten aus, den Dölf mit grosser Liebe pflegt, einem eröffnet, dann überhaupt die Gärten hier auf dem Hügel, das fast dörfliche Ausufern der Stadt, deren Hektik und Lärm hier verebben. Zwar geht die Ausfallstrasse Richtung Gotthard und Richtung Graubünden hier durch und mit ihr ein kaum abbrechender Strom von Autos und von Reisenden, als ständigen Hinweis auf die Tatsache, dass heute kein vollkommenes Idyll mehr möglich ist, sondern dass man überall Teil der grossen, ruhelosen Welt ist. Trotzdem, es ist heller hier und massvoller als sonst vielerorts in Zürich – das heisst, wenn man dafür empfänglich sein kann und selbst die städtische und die weltmässige Unruhe nicht zum bestimmenden Rhytmus des eigenen Herzens werden lässt.
Wir sprechen vom Paar Adolf und Lissy Funk. Die zwei wurden wohl eine Lebenseinheit durch eine lange Reihe von geteilten Jahren – von Jahrzehnten sogar – ,durch gemeinsame Kinder und nun schon grosse Enkelinnen und Enkel, durch das Glück und die unausweichlichen Bedrängnisse gemeinsam gelebter Zeit. Doch diese Einheit liess der Eigenheit und Besonderheit der zwei so unterschiedlichen Menschen einen grossen Raum der Entfaltung.
Das Werk ist der Beweis: Nähe zur sinnenhaften Natur bei Dölf, bei aller Abstraktion, die Freude und Farben der Jahreszeiten, die Erfahrung des Gärtners, Fischers und Jägers, auch im hohen Alter noch spürbar die Kindheitsprägung durch das Vorbild des naturverbundenen Vaters. Eine vergeistigte Welt in Lissys Werk, dessen Kraft ebenso aus religiöser Verkündigung und Glauben erwächst wie aus dem täglich erneuerten und mit Wärme, mit Behendigkeit und Zähigkeit umgesetztem Willen dieser Frau zum künstlerischen Ausdruck.
Es wäre schade, mehr Worte zu verlieren. Lissy und Adolf Funks Werke bedürfen keiner Auslegung und keiner Erklärung, sprechen sie doch unmittelbar zu Ihnen in der eindrücklichen Echtheit ihrer je eigenen Sprache. Dabei wird, beim unvoreingenommenen aufmerksamen Betrachten trotz aller Verschiedenheit etwas Gemeinsamens in Erscheinung treten, nach und nach oder vielleicht erst im Rückblick: Es ist bei beiden keine unheilvolle Welt, die – naturhafter oder vergeistigter – in diesen Bilder Ausdruck findet, keine verlorene Welt. Es ist bei beiden eine Welt, in der die ursprüngliche Schöpfung noch spürbar ist: eine Welt der Hoffnung.
Ich wünsche Ihnen im Dialog mit den ausgestellten Gemälden und Stickereien einen grossen Genuss.