Jugendliche von heute und ihre Werte

Jugendliche von heute und ihre Werte

Jahrestagung Verein punkto Jugend und Kind, Zug, 2. November 2005

 

Woher  ich komme,  wohin  ich gehe,  darauf kommt’s  an.  Ich  verzähle  mich nicht selten  in der Eile, wenn ich zähle 1,  2,  3,  bis 99.  Ich verzähle mich nie,  wenn ich rechne,  hundert abwärts.  Ich tauche mein Ziel  ist  Tiefe.  Tiefer  und tiefer  ich falle.  Den  dunkelsten  Punkt  in  Weite  erreicht,  erkenn’ ich Licht  des  anderen  Endes.  Die  Ausgangstür   schliesst.  Sogleich  steh’  ich  auf der  Schwelle   einer Eingangstüre wieder.  Die  Welt! Sie blendet mich! (. . .)  Wie kann ich ahnen wollen,  wenn Ende Anfang gleich –  und Alles Nichts bedeutet. “1

Die Zeilen hat eine junge Frau geschrieben, Joanna Lisiak,  1971  in Polen geboren, seit 1981 in Zürich. Die kleinen Gedichte und Texte, die sie veröffentlicht hat, machen deutlich, wie komplex die Frage nach den Werten der heutigen Jugend ist. Die Herkunft – “woher ich komme”-,  kann nicht gewählt werden, die Familien- und die Zeitgeschichte, die massgeblich Lebensweise und Wertgefühle der Kindheit prägen, sind weder durchschaubar noch beeinflussbar. Das Zurückzählen in der Generationengeschichte mit allem Bekannten und Unbekannten  auf der Mutter- und auf der Vaterlinie, mit Notzuständen und Armut oder mit Geschichten, die voller Fragezeichen sind oder die ein Staunen wecken – “hundert abwärts” –,  all dies führt in eine abgründige, dunkle Tiefe. Es ist die in der Pubertät erwachende persönliche  Sehnsucht, die “Ausgangstür zu schliessen” und nicht weiter in die durch Eltern, Grosseltem  und durch andere Erwachsene geprägte Geschichte hineingezogen zu werden, die Sehnsucht, einen eigenen Weg zu finden und zu bestimmen. Doch der junge Mensch steht auf einem Punkt,  der Abschied oder Abkehr bedeutet und zugleich Entscheid, Selbstbestimmung und Neuorientierung: ”Ausgangstür” und “Eingangstür” lösen sich ab. Gewiss, “wohin  ich gehe,  darauf kommt’s an”; doch wie wissen, wohin? “Die Welt! Sie blendet mich”,   stellt Joanna Lisiak fest. Wo zu viel Angebote sind, die blenden, gibt es keinen klaren Blick; die Angebote sind ebenso verschlüsselt wie jene der abgeschlossenen Kindheit.  Wie lässt sich “ahnen”,  was ihr Wert ist? Wie lässt sich eine reale Bedeutung finden, wenn  “alles”, was sich als “Welt” öffnet, in einem virtuellen Raum oder auf einer abstrakten Ebene erscheint und daher “Nichts” bedeutet?

Die Zeilen von Joanna Lisiak geben die grosse Ratlosigkeit wider, die zugleich bei den jungen Menschen  spürbar ist wie unter den Erwachsenen.  Seit einiger Zeit findet in allen Schichten unserer Bevölkerung, in allen Parteien, in allen Institutionen und Gremien der Gesellschaft eine Werte- und Ethikdiskussion  statt, die nicht nur auf eine schweizerische Krise hinweist, sondern zugleich auf eine Krise des zeitgenössischen Lebens in der westlichen Kultur überhaupt. Die Werte dieser Kultur werden zur Frage, da sie zu den Werten, die unter den aktuellen Zeitbedingungen  als Fortschritt gelten, in einer grossen Diskrepanz stehen. Die Verunsicherung  und das Orientierungsbedürfnis,  die sich darin äussem, haben mit der Flüchtigkeit und Diversität von Werten zu tun, die durch Medien und Markt in einem vielfachen Propagandapuzzle angepriesen werden und wieder verschwinden.  “Die Welt! Sie blendet”…  Wir wissen, dass junge Menschen in der Zwischenphase zwischen Kindheit und Erwachsenenleben des Halts in ihren Wahlmöglichkeiten bedürfen; doch diesen Halt vermissen die meisten.  Sie werden geprägt durch Werterfahrungen in Familien- und Schulverhältnissen, die eventuell wie Klammem  auf ihnen lasten und von welchen sie sich zu entlasten wünschen. Zugleich sind sie umgeben von einer Flut von Angeboten, von Forderungen und Bedingungen, die teils betörend vorgeben, dem Fortschritt und daher der Jugend zu entsprechen, die aber gleichzeitig die eigentlichen, je persönlichen Bedürfnisse der jungen Menschen, nach welchen sich ihr Wertempfinden ausrichten möchte/sollte, überdecken und zu einem Mangelempfinden  werden lassen.

Halt r die Haltlosen! Boden für die Bodenlosen! Herzen für die Herzlosen! Scham für die Schamlosen! Schutz für die Schutzlosen! Mittel für die Mittellosen! Sinn für  die Sinnlosen! Nutzen für die Nutzlosen! Auswege für die Ausweglosen! Brot für die Brotlosen! “2

Nochmals  sind es Zeilen von Joanna Lisiak, die mit lauter Ausrufezeichen einen klaren Ruf vermitteln,  der die Korrektur von Mangel sucht. Ich denke, dass, was Joanna Lisiak schreibt, nicht für sie allein gilt. Wir wollen darauf eingehen. Ich schlage drei Teile vor:

Zuerst erscheint mir dringlich, den Wertebegriff überhaupt zu klären, sodann unsere Epoche zu analysieren, in welcher für junge Menschen in allem Überfluss ein so bedrohliches Orientierungsdefizit deutlich wird, dass unsere Gesellschaft auf die Glaubwürdigkeit  ihrer Werte, auch auf ihre Zukunftsfähigkeit hin befragt werden muss. Im Lauf dieser Befragung werden gesellschaftliche  Entwicklungen  erkennbar werden – Fehlentwicklungen, Leidensgeschichten, Verweigerungen, Zynismen etc. -, deren individuelle Abwehr sich häufig in sekundären Leiden zeigt, unter anderem in Süchten und in Suchtverhalten, auf besondere Weise bei jungen Menschen. Wir werden bei diesem Teil der Arbeit mitbedenken, wie und unter welchen Voraussetzungen  Krisen zu Chancen des Neubeginns werden können. Damit werden wir zum dritten’ Teil gelangen, in welchem ich versuchen will, Antworten  auf die Frage zu formulieren, welche Werte für junge Menschen heute tatsächlich orientierungsweisend sein können.

 

  1. Werte – im Tauschhandel, in den Paradoxien des Alltags sowie im Verhältnis von Theorie und Praxis

Woher kommt der Wertebegriff? Die Frage führt in die Ursprünge der menschlichen  Kultur zurück, und dessen Veränderung geht einher mit der Entwicklung der Kultur überhaupt. Der Wertebegriff muss entstanden sein, als erste Formen der Selbstversorgung nicht mehr genügten, als der Tauschhandel und damit die Arbeitsteiligkeit begannen, als mit dem Abtausch resp. mit der Abtretung von Produkten, Gegenständen oder Leistungen, über welche die einen Menschen verfügten, ohne deren zu bedürfen, gegen andere, die als gleichwertig empfunden wurden oder galten.  Schon sehr früh wurden Waren oder Leistungen im Tauschhandel  durch die symbolische Gleichwertigkeit von Münzen, resp. von Geld abgelöst, bis das Geld, der Geldbesitz und die Anhäufung von Geld mit der Entwicklung des Kapitalismus  zum Wert an sich wurde.

Obwohl der ursprüngliche  Gütertausch per definitionem an materielle Güter gebunden war, schloss er immer schon etwas Immaterielles mit ein:  ein Abwägen und Erwägen, eine Vorstellung von Wert, die an Begriffe wie Nützlichkeit, Dringlichkeit, Unverzichtbarkeit gebunden war und für welche ohne Zweifel schon sehr früh eine Prioritätenordnung und damit die Erfordernis eines Entscheides galt, der einerseits Gewinn, andererseits Verzieht bedeutete. Der Entscheid für das eine Gut schloss häufig ein anderes aus. Und so muss der Wertbegriff sich auch für immaterielle  Güter, für Werte der persönlichen Lebensführung, des Verhaltens und der Organisation des Zusammenlebens  durchgesetzt haben. Zum Beispiel bedeutete der Entscheid, einen Feind zu schonen, statt ihn zu töten, als Abtausch die Gewähr, selber geschont und nicht getötet zu werden.  Oder der Entscheid, zu verzeihen statt Rache zu üben, zog/zieht als Gegenwert die Aussicht nach sich, dass auch eigene Fehler verziehen und nicht mit Strafe geahndet wurden/werden.  Oder der Entscheid, ein gegebenes Versprechen zu halten, zog/zieht ebenfalls die Erwartung von Gegenseitigkeit nach sich.  So entwickelten sich aus dem Abwägen von Werten und aus dem Entscheid für einen bestimmten  Wert in einer Rangordnung  von Werten bestimmte wertorientierte Regeln des Verhaltens, welche durch die wiederholte  Einhaltung internalisiert wurden und zu einem Wert- und Regelbewusstsein führten, das sich wiederum im persönlichen  Gewissen ausdrückt:  dem guten Gewissen, bei Beachtung der internalisierten  Wertkategorien und bei Einhaltung der Regeln, dem schlechten Gewissen bei deren Nichtbeachtung  und Übertretung. Die Entwicklung des eigenen Urteilsvermögens und der eigenen Handlungsverantwortung führte/führt zu einer Veränderung  der sozialisierten und internalisierten Wertvorstellungen  und Wertcodices.

Das übernommene  oder persönlich  entwickelte Werte- und Regelbewusstsein entspricht der persönlichen Moral eines Menschen, während unter Ethik (ethos / Sitte, Brauch) die Auseinandersetzung um die obersten Grundsätze verschiedener moralischer Werte verstanden wird, die nicht nur für einen Menschen, sondern für viele gelten. Es lässt sich sagen, dass das Ziel jeder Ethik eigentlich das gute Leben ist,  wobei bezüglich des guten Lebens Verschiedenes und Ungleiches gemeint ist. In der Antike, so bei Aristoteles, wurde Ethik als Sittenlehre  oder als Tugendlehre verstanden, resp. als Lehre von der Glückseligkeit oder  – eben – vom guten Leben. Gemäss dem hierarchischen Menschenbild  der Antike stand allerdings Glückseligkeit  (Eudämonia) zum vornherein nur den freien, besitzenden Männern zu. Frauen und Sklaven waren davon ausgeschlossen. Was für Kinder und Jugendliche galt, entsprach den Geschlechter- und Gesellschaftskategorien, zu welchen sie gehörten. Erschreckend mutet an, dass trotz zweieinhalbtausend  Jahre Geschichte, trotz Revolutionen und Emanzipationsbewegungen, trotz grosser philosophischer Werke die Wertefragen betreffend Geschlechter, Erwachsene und Kinder,  Mächtige, Machtlose und Rechtlose sich noch immer nach ungleichen Kriterien stellen, obwohl sie theoretisch gelöst sind.  Theorie und Praxis stimmen nicht überein, so wie sie auch in früheren Zeiten nicht übereinstimmten.

Es ist eine Tatsache, dass sowohl die Prioritätenordnung  der Werte wie die daraus abgeleiteten Regeln zumeist autoritär bestimmt wurden, häufig nicht im Sinn einer möglichst breiten Konsensfindung, nicht in Hinblick auf das grösstmögliche  “bien commun “, wie Jean Jacques Rousseau  formulierte, sondern in Hinblick auf partikuläre Vorteile derjenigen, die sich die Definitionsmacht für die Rangordnung  der Werte und Regeln zubilligten. Ziel und Zweck gingen einher mit der Kontrolle über menschliches Verhalten und Handeln, ob dies Fürsten, militärische  Potentaten, religiöse Autoritäten, Arbeitgeber und Arbeitnehmer, politische Führer, das sogenannte “Volk”, die Jugend usw. war, resp. ist, noch heute. Eine weitere Tatsache ist, dass im Lauf einer komplexer werdenden Welt eine gleichzeitige Vielzahl von Wertordnungen, die untereinander rivalisierten, zu den sich bietenden Orientierungsmöglichkeiten gehörten. Daraus entstanden jene Orientierungskonfusionen, jene Paradoxien,  auf die schon Aristoteles in seiner “Nikomachischen Ethik” hinwies, und jene Gewissenskonflikte, die wir zum Teil auch heute kennen. Deren Ursprung liegt in der Nichtübereinstimmung eventuell gleichrangiger Werte oder Handlungsregeln,  die aber verschiedenen Ordnungen entstammen, d.h. in der Tatsache, dass das eine oder das andere, was man tun oder unterlassen sollte resp. müsste, sich widerspricht. Die Art und Weise, in der Menschen  sich bei verschiedenen, eventuell gar widersprüchlichen, richtungweisenden Ethiken entscheiden, fällt wiederum in den Bereich der Moral.

Trotz aller Mängel der Aristotelischen Ethik lässt sich hierin ein erster Schritt in die Modeme erblicken, indem die von Platon vertretene Lehre vom Guten, die dieser als akademische, sehr idealistische,  quasi abstrakte Reflexion ausformulierte, durch den Rekurs auf die Praxis korrigiert wurde. In der Tat ging es Aristoteles um eine Theorie des gelingenden und guten Lebens unter den Bedingungen einer Legitimitätskrise von Sitte und Herkunft, die sich im Auftreten von Paradoxien,  von widersprüchlichen  Entscheidungs- und Handlungssituationen, zeigte. Er verstand darunter drei Gruppen oder Bereiche von Entscheidungskonflikten, von denen jede Gruppe wiederum eine Menge von widersprüchlichen  Situationen beinhaltet. Ich will die drei Bereiche kurz erwähnen, da diese selbst heute noch von Belang sind, gerade im Zusammenhang der Lebens- und Zukunftsentscheide  der Jugend.

Der erste Bereich betrifft die Paradoxien, die sich durch das Aufeinanderprallen von Urteilen, Meinungen und Lehren von “Weisen” (resp. Intellektuellen, Philosophen/Philosophinnen, religiöser Autoritäten, Lehrern/Lehrerinnen etc.) und Menschen einer bestimmten, herkunftsbedingten Alltagsorientierung  ergeben. Aristoteles erklärt, dass diese Paradoxa unausweichlich seien, und dass es keine Position gäbe, welche die Wahrheit für sich beanspruchen könne, ja dass häufig keine der antithetischen Positionen zustimmungswürdig sei, etwa bei den Fragen  “Muss man seinem Vater oder dem Weisen gehorchen?”,  oder “Muss man tun,  was gerecht oder was nützlich ist?” oder auch “Muss man eher Unrecht leiden als Unrecht tun?”.

Der zweite Bereich bezeichnet nicht-übereinstimmungsfähige Positionen, die durch die Zugehörigkeit  zu unterschiedlichen  philosophischen  Schulen entstehen (dazu gehören auch Wirtschafts-  und Wissenschaftstheorien mit Richtigkeitserklärungen oder Religionen etc.) und mit denen die nicht-philosophische Bevölkerung konfrontiert wird. Es mag heute noch um die Differenz zwischen religiösen Geboten und beruflichen oder politischen Pflichten gehen, z.B. in der Frage des Militärdienstes,  bei medizinischen Entscheiden, bei zivilrechtlichen, asylrechtlichen  oder strafrechtlichen Entscheiden etc.

Mit dem dritten Bereich thematisiert Aristoteles Widersprüche im einzelnen Menschen selbst, wobei er die Widersprüche  zwischen den geheimen Wünschen und den ausgesprochenen Grundsätzen meint.  ”Die  Wünsche stimmen ja oft nicht zu den Worten”,  sagt er deutlich, “sondern man hält die schönsten Reden und will doch nur,  was vorteilhaft erscheint”. Es ist die Nichtübereinstimmung von Gesagtem und Gemeintem, von Gesagtem und von dahinter stehenden Absichten, eventuell von Unbewusstem und Bewusstem. Es ist die Unklarheit bezüglich dessen, was tatsächlich gilt.

Ein wichtiges Element in dieser Theorie vom guten Handeln ist Aristoteles’ mehrmals wiederholtes  Insistieren auf der Nutzlosigkeit aller Theorie und allen Lehrens von Regeln, wenn nicht das gelebte, vorgelebte Vorbild der Lehrenden – der “Weisen” – damit einhergeht, ob dies die Väter und Mütter seien oder andere Personen, denen eine vergleichbare Funktion zukommt.3

Auf die Frage, was Werte bedeuten, finden sich zahlreiche weitere, auch heute noch massgebliche  Grundlagen in der Philosophiegeschichte,  durch welche die westliche Ethik geprägt wurde, zusätzlich zum religiösen Rekurs auf die Vorschriften des Dekalogs. Ich will nur kurz noch hnmanuel  Kant4  erwähnen, dessen kritische Philosophie als Absage an die herkömmlichen  metaphysischen  Tugendlehren einerseits den Rekurs auf die V emunft – auf die Freiheit,  auf das Selberdenken und auf die Selbstverantwortung-, andererseits den Rekurs auf die Praxis zum Instrument von Handlungsentscheiden  erklärt. Während die Rechtslehre sich “äussere Gesetze gibt”,  wie Kant sagt, deren Befolgung als notwendig – resp. als Zwang gilt, ist “die Tugendlehre deren nicht [ähig”. Bei der Tugendlehre (häufig auch als Pflichtenlehre  oder als Lehre vom guten Leben bezeichnet), worunter Kant die Ethik resp. die Moralphilosophie im engen Sinn meint, zieht er in Betracht, dass es einerseits allgemeiner Maximen, d.h.  grundsätzlicher Massstäbe oder Richtlinien bedarf, andererseits der Überwindung  der inneren Widerstände, ev. der Trägheit, damit Menschen diesen Maximen entsprechend handeln. Die Urteilskraft erachtet er als die Fähigkeit, ein partikuläres Problem oder einen partikulären  Handlungsentscheid  einer übergeordneten Maxime unterzuordnen.

Eine allgemeine Maxime für das richtige resp. tugendhafte Handeln ist, gemäss Kant, ein Zweck,  der zugleich Pflicht ist. Dazu rechnet er einerseits die “eigene  Vollkommenheit”, andererseits  ”fremde Glückseligkeit”,  wobei diese letztere, indem sie angestrebt wird, zur eigenen werden kann. Was sehr abstrakt und theoretisch erscheint, kann im praktischen  Leben tatsächlich eine Richtlinie bedeuten. Kant hat nämlich zugleich einen egoistischen und einen altruistischen  Ansatz vorgeschlagen, bei dessen Befolgung er zwei weitere, wichtige Maximen als wegweisend nahe legt, nämlich den kategorischen und den praktischen  Imperativ. Die Beachtung dieser Maximen ist Voraussetzung für eine innere Sicherheit in den Wahlmöglichkeiten der Handlungsentscheide,  damit für ein moralisches  Gleichgewicht. Der kategorische Imperativ besagt, dass die eigenen Handlungsentscheide  so zu treffen seien, dass sie zum allgemeinen Gesetz erklärt werden könnten; der praktische Imperativ hält fest, dass zur Erreichung eines bestimmten Zweckes nie ein Mensch zum Mittel gemacht resp. benutzt oder gar missbraucht werden darf, dass nie ein Mensch wie eine Sache, wie ein Ding eingesetzt werden darf, dass der Mensch immer selber Zweck sein muss.

Kants Ethik liegt das Menschenbild  der Aufklärung zugrunde, eine – so erstmals säkular definierte – Gleichheit der Menschen auf Grund des gleichen Menschseins (der gleichen “Menschheit”) in jedem Menschen – mit der Einschränkung allerdings, dass Ende des 18. Jahrhunderts  weder die Sklaverei abgeschafft war noch die Emanzipation  (resp. die rechtliche Gleichstellung)  der Juden und schon gar nicht der Frauen oder gar der Kinder erreicht war. Zudem setzte damals, mit dem Beginn der Industrialisierung,  die systematische Ausbeutung einer faktisch rechtlosen, ganz und gar vom Arbeitgeber abhängigen Arbeiterschaft  ein, die durch die Fliessbandarbeit  anonymisiert, des Produkts entfremdet und ausschliesslich zur Mehrwertsteigerung des Kapitals missbraucht, resp. instrumentalisiert  wurde, trotz Kants praktischem Imperativ. Und trotz dessen begann sich auch gleichzeitig das System des Imperialismus zu entwickeln,  das sich im Lauf des 19. Jahrhunderts zu einem globalisierten Herrschaftssystem ausweitete und festigte, mit Kriegen und bürokratisierten administrativen, militärischen und wirtschaftlichen Unterwerfungssystemen, bei denen der Herrschaftsanspruch der sogennannten Mutterländer durch die, wie es hiess,  Unentwickeltheit und Minderwertigkeit der Objekte in Afrika,  Südamerika,  Asien  etc. legitimiert wurde. Damit setzte sich weltweit der systematische Rassismus  sogenannter Herrenvölker und Herrenrassen durch,  der in die verhängnisvolle Geschichte  des eben vergangenen wie des aktuellen Jahrhunderts hineinführte und der die jüngste Zeit mit den menschenverachtenden Ideologien und Herrschaftssystemen sowie  den durch technischen und industriellen Fortschritt entwickelten Tötungs-  und Zerstörungsmitteln zur blutigsten und schudlbeladensten aller Zeiten werden  liess.

Mit der Modeme begann  somit  einerseits  die bislang verallgemeinerungsfähigste Ethik des gleichen  Respekts  vor dem gleichen  Menschsein in jedem  Menschen, und zugleich  die systematische und zunehmend gesteigerte Instrumentalisierung, Entfremdung und Entwertung der Menschen durch andere Menschen – eine Entwicklung,  die bis heute andauert.

 

  1. “Die Zeit ist aus den Fugen, Schmach und Gram, dass ich zur Welt sie einzurichten kam” …

Tatsächlich gilt Shakespeares Klage5 auch heute. Die Zeit, der Rahmen  des eigenen, persönlichen Lebens wie des Zusammenlebens der jungen Menschen von heute mit Menschen aller Generationen und Herkunftsgeschichten, ist tatsächlich aus den Fugen” – auch hier in der Schweiz,  hier in Zug. Die Frage  stellt sich, wie sich die Zeitbedingungen auf die jungen Menschen auswirken. Um welche Werte geht es heute?

Die Wertefrage zu beantworten ist so schwierig,  weil Masslosigkeit die heutige  Zeit kennzeichnet,  eine systematische Masslosigkeit, die jegliches Menschenmass überschritten hat. Raum-  und Zeitmass bestehen nicht mehr. Da ist der Bereich  der Kommunikationstechnologie, der jungen Menschen am nächsten steht und in welchem  eine Beschleunigung analog zur Lichtgeschwindigkeit erreicht wurde,  die nicht weiter  gesteigert werden  kann. Da ist der Bereich  der materiellen Machbarkeit, deren Grenzen  schon vor über fünfzig Jahren  gesprengt wurden,  während  des Zweiten  Weltkriegs, als die Kernspaltung realisiert wurde und mit ihr die Schaffung der Atombombe, die mit bürokratischer Berechnung von Vernichtungskapazität auch eingesetzt wurde. Als gleichzeitig die ebenfalls bürokratisch geplante und systematisch durchgeführte, industrielle Vernichtung von Millionen von Menschen aus ganz Europa während Jahren realisiert wurde, deren Leben den Stempel Unwert erhielt.

Es ist der Bereich von Ethik und Moral, der masslos betrügbar wurde, geschah doch alles mit der Zustimmung ebenso vieler Menschen, die Begründungen schrieben und verkündeten, die zuschauten, mitmachten oder wegschauten. Die heutige Zeit führt die Masslosigkeit  fort, vor einigen Jahren zusätzlich mit der Genomspaltung und -manipulation, die mit der potentiellen industriellen Produktion  von Menschen das Sprechen von Menschenwert  und Menschenwürde vollends zum Hohn werden lässt. Es geschieht eine vielfache Fortsetzung einer von Millionen von Menschen unterstützten Hybris autoritär diktierter und rassisch, ethnisch, politisch, religiös und schliesslich biologisch definierter Normierung von Menschsein, von Wert oder Unwert des Menschseins.

Wie gehen junge Menschen mit diesen Zeitbedingungen um, in welche sie hineingeboren wurden? Wir wissen, dass keine sogenannten “Reparaturleistungen” in Geld wiedergutmachen können, was an Werten zerstört wird. In Hunderten von Kriegen hat sich seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs das System der Menschenverachtung  fortgesetzt, auch im versteckten Krieg der kapitalistischen Wirtschaft, welche die technologischen Entwicklungen in der Produktion  mit der skrupellosen Kapitalgewinnsteigerung  verbindet, um die Menschen je nach Bedarf “wegzurationalisieren”, auf die Strasse zu stellen, für überflüssig und unbrauchbar  zu erklären, häufig, wie bei ungezählten Jugendlichen, bevor sie je Gelegenheit hatten, ihr Können und ihre Fähigkeiten überhaupt zu beweisen.

Die Frage, die sich stellt, ist dringlich. Was braucht es, damit von der Jugend eine andere, eine wertechte, nicht-virtuelle Realität erlebt werden kann, eine Praxis des menschlichen Respekts?   Was braucht es, damit die Hoffnung, dass jeder Mensch in seiner individuellen Differenz geachtet wird und sich im Zusammenleben mit anderen Menschen sicher fühlt, damit diese Hoffnung nicht eine Utopie (u-topos) bedeutet? Zwar wurde 1948 mit der Allgemeinen  Erklärung der Menschenrechte versucht, ethische Normen den staatlichen Verfassungen und allen übrigen Normensystemen überzuordnen, um gegen die masslose, getane und erlittene Barbarei das Recht jedes einzelnen Menschen, Rechte zu haben (gemäss Hannah Arendt) sowie den Wert des menschlichen Zusammenlebens  in der Pluralität der Differenz als unverzichtbar  zu erklären. Doch 1948 führte nicht zu einer anderen Praxis des menschlichen  Zusammenlebens:  die nächsten Kriege waren schon geplant, die nächsten menschenverachtenden Ideologien schon im Aufbau, die Täter der vergangenen totalitären Regimes zum Teil in neuen Regimes in neuen Ämtern und Würden, und die nationalen Wirtschaften  bauten sich wieder auf und boomten mit der Produktion und dem Verkauf neuer Waffensysteme und tödlicher Chemikalien. Was erneut zählte, war der wirtschaftliche Wettlauf, der Rüstungswettlauf, der technologische Wettlauf, kurz, in allem die Beherrschung möglichst  grosser Märkte – auf Kosten der Menschen, insbesondere der Kinder und jungen Menschen, auf Kosten der Zukunft des Zusammenlebens  der Menschen.

 

  1. Ein “gutes Leben” heute: Werte, die nicht Täuschung bedeuten

Wen wundert’s,  dass ein grosser Teil der Jugend traurig ist, dass ein grosser Teil passiv oder aktiv Widerstand  leistet gegen die Angebote ihrer Elterngeneration,  diese als verloren und unglaubwürdig  erklärt? – oder dass ein anderer Teil sich auf rastlose Weise zu zerstreuen sucht, mit Sport und “games” und sich auf nichts Ernsthaftes mehr einlassen mag? – oder dass ein anderer Teil sich von chemischen Ersatzangeboten  des “Glücks” abhängig macht, sogar im Wissen um den Schaden, den sie sich selber zufügen? – oder dass nochmals ein anderer Teil die überall spürbare oder erlebte Gewalt weniger gegen sich selber wendet,  sondern sich Feindbilder  schafft – Schwächere, Behinderte, asylsuchende Fremde, Alte, Kinder – und auf diese projiziert, was nicht tragbar ist? Süchte beschränken  sich nicht auf den Konsum von Alkohol, Nikotin, Heroin und anderen chemischen Stoffen, sondern haben die vielfältigsten Formen, die alle Ersatz für nicht erfüllte Grundbedürfissse sind – für das nicht erfüllte Bedürfnis nach Angenommensein und nach Zuwendung, nach Respekt und Lebensfreude, nach Sicherheit und Freiheit, nach einer gestaltbaren, sinnhaften Existenz im Zusammenleben mit anderen Menschen, nach Zukunft. Die Zeilen von Joanna Lisiak, die ich gelesen habe, drücken vieles davon aus.

Aus meiner psychoanalytischen  Erfahrung weiss ich, dass jedem Menschen seine eigene Vergangenheit, so wie sie ihm von seinen Eltern geschaffen wurde, viel mehr eigen ist als er/sie dies je bewusst erfassen kann. Die Geschichte der frühen und der späteren Kindheit kommt nicht nur durch eigenes Erleben zustande, sondern auch durch eine Folge unbewusster Übertragungen. Es ist zumeist eine belastende Geschichte, eine Geschichte des existentiellen Zukurzkommens,  der seelischen (manchmal auch der materiellen) Entbehrungen, der Erfahrung von emotionalem Hunger, von Ängsten, von Alleingelassensein, von Stummheit und Streit, von Kälte und von Grausamkeit – häufig unter den verstörenden Beteuerungen elterlicher und familiärer oder betreuerischer Liebe. Es ist eine Tatsache, dass ein persönlicher Lebensentwurf nur dann vorstellbar ist und nur dann gelingen kann, wenn Menschen  sich selbst annehmen können, so wie sie sind, in der je eigenen Besonderheit, mit den je eigenen Schwächen und Talenten.  Sich annehmen können aber setzt die Erfahrung des Angenommenseins voraus. Manchmal ist dies erst in der therapeutischen Erfahrung möglich, manchmal überhaupt nie in einem Mass, das erlauben würde, alles Leiden, alle Mangelerfahrungen, auch das Gefühl der Schuld, nicht genügen zu können, in eine echte Akzeptanz zu integrieren.  Süchte sind in starkem Mass ein Versuch, die Mangelerfahrungen durch Übermässigkeit  von Ersatz zu kompensieren. Es ist eine beinah spiegelbildliche Internalisierung  der äussem, nach generellen Kriterien normalen, jedoch krankmachenden Masslosigkeiten.

Doch gibt es angesichts dieser Summierung von individuellem und von kollektivem Erleben des Verlusts und des Mangels an Wert und an Selbstwert noch konsensfähige Werte, die auch in der heutigen Zeit aufbauend sein können? Welche Werte können eine Korrektur, eine zugleich heilende und ermutigende Korrektur in einer breiten Situation der Resignation bedeuten?

Ich denke, dass in jeder zwischenmenschlichen Beziehung, ja in jeder Begegnung und Auseinandersetzung vor allem Aufmerksamkeit  und Einfühlsamkeit dringlich sind, ebenso Verlässlichkeit  und Offenheit.  Es geht dabei um Grundwerte, welche für junge Menschen Voraussetzungen schaffen, dem vielfachen Druck der Zeitbedingungen – dem Anpassungsdruck,  dem Unterwerfungsdruck, dem Angstdruck – standzuhalten und so Zukunft ins Auge zu fassen, mit dem Wissen um Werte, die den Grundbedürfnissen  entsprechen.  Das aber setzt voraus, dass die Erwachsenen, von welchen jungen Menschen in vielen Bereichen abhängig sind, diese Werte selber glaubwürdig vorleben (letztlich  im Sinn der aristotelischen Ethik).

Es sind diejenigen Werte, die das menschenwürdige  Mass des Menschen und des Menschlichen  wiederherstellen, insbesondere Achtung und Aufmerksamkeit  hinsichtlich  des Zeitmasses,  das bei jedem Menschen ein individuelles  ist. Um zu lernen und zu entdecken, um zu erproben und zu wachsen muss Zeit zugestanden werden, die nicht berechnet werden darf.  Es braucht Zeit, damit der persönliche Subjektwert bewusst werden kann. Das Wissen um das Subjektsein beruht auf der Erfahrung, in einem wechselseitigen Austausch von Aufmerksamkeit im Fragen und Wissen gehört zu werden und zugleich hören zu können, was andere fragen und wissen möchten, beruht auf der Erfahrung, wahrgenommen  zu werden und wahrzunehmen, all dies in einer vielfach erlebten Grammatik der Reziprozität  mit allem, was recus und procus  – vorher und nachher – bedeuten. Im Alltag des praktischen Lebens – im Unterricht, bei einer Lehrstelle, bei Behörden oder bei anderen Institutionen,  auch in den Familien – bedeutet dies, dass der gleiche menschliche  Wert spürbar wird, mit der gleichen Achtung  und dem gleichen  Interesse,  ohne Differenz von Hierarchie und ohne Differenz von Regeln,  die gelten oder nicht  gelten. Wer sich ernstgenommen und angenommen fühlt, kann andere Menschen ernstnehmen und achten, kann auch das kritische  Denken  zulassen,  das Voraussetzung ist für einen kreativen Austausch. In der Grammatik der Reziprozität kommen die wichtigsten Werte  zusammen,  die den wichtigsten Bedürfnissen gerecht werden. Nur über das Angenommenwerden kann  sich Freiheit  entwickeln.  So kann es möglich  werden, der Gleichschaltung junger Menschen mit virtuellen  Objekten entgegenzuwirken. Es kann auch möglich  werden,  die Angst,  nicht bestehen  und nicht genügen  zu können,  zu hinterfragen, eventuell  die Angst  vor der scheinbaren Allmacht  der “Macher” der Marktdiktatur ganz aufzuheben.

Es mag wie schöne  Worte  klingen,  doch es geht um mehr. Es geht um wirkliche,  lebensnahe Werte,  die für junge Menschen, wenn sie sie erleben, eine Korrektur der heutigen Zeitbedingungen sind und die ihnen ermöglichen,  diese Werte selber umzusetzen. Es geht um die Werte, welche  den menschlichen Grundbedürfnisssen entsprechen und welche  die durch vielfache Masslosigkeit verursachten Verluste und Mangelzustände korrigieren können.  Es ist tatsächlich so, dass Angenommensein und Aufgehobensein, Vertrauen und Freiheit  sich wechselseitig bedingen. Dass die Kehrseite,  resp. die Verweigerung des einen wie des anderen zum Gefühl der Leere und der Verlassenheit führt, auch zur lähmenden Unfreiheit in der Suche nach Ersatz;  wir wissen  davon. Daher ist es dringlich,  auf die Umsetzung zu achten, auf vielfältige Weise, ohne Zwang, jedoch im wirklichen, lebensnahen Bestreben einer Korrektur der Zeitbedingungen.

Ich komme  zum Abschluss: In der praktischen Philosophie gibt es eine Grundregel,  die hier Anwendung finden kann.  Es geht um die Aufmerksamkeit beim  Sehen und Hören (resp. beim Wahmehmen von Realität), beim V erstehen und Urteilen, beim Entscheiden und Handeln. Mit anderen  Worten:  Gut zuhören heisst, beim Zuhören  Angst  abbauen,  heisst,  die Aufmerksamkeit auf die individuelle Besonderheit des einzelnen  Menschen richten,  die weder von Vorurteilen noch von Trends noch von Lehrmeinungen (Doktrinen, Ideologien)  abhängig ist, sondern  von einem  Wohlwollen getragen wird, das im ursprünglichen Sinn des Wortes “sym-pathein”  (“mit-leiden”) bedeutet. Dadurch  kann Vertrauen entstehen. Vertrauen  ist ein dialogischer Prozess, der sich im gleichen Mass verstärkt,  in welchem er Missbrauch ausschliesst.  Zeit haben  für diesen Prozess der Vertrauensbildung, der Herstellung und Festigung von Respekt bewirkt  eine spürbare Verlangsamung im Rhythmus der Abläufe von Verpflichtungen,  im Erfüllen von Aufgaben. Die spielerische Kreativität, die im recus und procus enthalten  ist, kann  sich dabei entfalten. Im dialogischen Verhältnis, das so entsteht, wird das gegenseitige und wechselseitige gleiche  Bedürfnis  von jungen und älteren Menschen nach persönlichem Respekt, d.h. nach Freiheit  und nach Verlässlichkeit der Beziehung,  nach gleicher Achtung vor der Besonderheit erfüllt – manchmal nicht  sofort, manchmal erst nach Überwindung und Heilung eines seit langem bestehenden Misstrauens, ja eines Widerstands gegen mögliche Veränderung der eingegerbten Erfahrungen.

Dieser  Widerstand darf nicht  entmutigen. Ihn zu verstehen und auszuhalten setzt Aufmerksamkeit voraus und lässt eine tragfähige Voraussetzung entstehen,  um gegen die Masslosigkeit und Virtualität, welche  die heutige  Zeit bestimmt,  eine andere Lebenspraxis nach anderen  Wertmassstäben umzusetzen, um zu ermöglichen,  selber zu bauen, was voran trägt:

 

Such den Zug,  such!  Verpass ihn nicht! Da ist noch ein Anschluss! Steig auf, steig auf! Der Zugfahrt gleich ab.  / Aber  – ich baue mir doch  –  meinen eigenen Zug. “6

Joanna Lisiak drückt auf ihre Weise aus, um was es geht. Es geht um Werte, die dem Gestaltungsbedürfnis,  dem Sinn- und Zukunftsbedürfnis junger Menschen gerecht werden und die nicht eine Täuschung sind. Es geht um die Möglichkeit, eigene Wege zu öffnen und eigene Fähigkeiten umzusetzen, um nicht unter dem Druck zu sein, auf den falschen Zug aufzuspringen. Es geht um Werte, die den wichtigsten Grundbedürfnisse gerecht werden: um ein Leben in tragfähigen Beziehungen und um eine existentielle Entfaltung, für welche Herkunftsgeschichte und Zeitgeschichte nicht mehr Stolpersteine sind.  So lässt sich sagen, dass einerseits Aufmerksamkeit  und Verlässlichkeit in Beziehungserfahrungen,  andererseits Ermutigung zum kritischen Denken und zum sinnhaften Handeln zu den wichtigsten Werten gehören, die Jugendliche von heute spüren und deren Umsetzung selbst wieder grossen Wert bedeutet.

 

1    Joanna Lisiak. Cocktails zum Lesen. Verlag Nimrod/ Werkstatt-Reihe. Zürich 2000, S.  18-19

2 a.a.0.  S. 174

3 Interessant scheint mir, dass gerade dieser Mangel in den Texten von Joanna Lisiak, die ich als Beispiel zitierte, klar ausgesprochen werden.

4   cf.   “Grundlegung  der  Metaphysik  der  Sitten”  von  1785,   “Kritik  der praktischen  Vernunft”  von  1788  und schliesslich  “Metaphysik der Sitten” von 1797, die in die “Rechtslehre” und in die “Tugendlehre”  aufgeteilt.

5  Hamlet I,5: “The time is out ofjoint, the cursed, spite that I was bom to set it right”

6 Joanna Lisiak. a.a.O.,  S. 63

 

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