Millionen von Menschen weltweit unterwegs – Nur ein kleiner Bruchteil gelangt nach Europa oder gar in die Schweiz

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Millionen von Menschen  weltweit  unterwegs

Nur ein kleiner Bruchteil gelangt nach Europa oder gar in die Schweiz

 

Nach Schätzungen der UNO sind gegen dreissig Millionen Menschen weltweit unterwegs, vertrieben durch Kriege und Bürgerkriege sowie durch lebensbedrohende wirtschaftliche  und ökologische Not im eigenen Land. Auf Grund der politischen und wirtschaftlichen Destabilisierung  in vielen Ländern der Dritten Welt sowie in Osteuropa könnten sich die Zahlen in den nächsten Jahren verdoppeln, doch sind dies Hochrechnungen,  von denen niemand mit Sicherheit sagen kann, ob sie sich realisieren werden.  Wo halten sich jedoch die Menschen auf, die unterwegs sind? Wie viele von ihnen gelangen überhaupt in die Schweiz?

 

Es sind unsichere und schwankende Zahlen, die durch verschiedene offizielle und inoffizielle Stellen über die Anzahl der Flüchtlinge in den verschiedenen Ländern der Welt verbreitet werden. Die Unterschiede  hangen einerseits mit der Flüchtlingsdefinition zusammen, andererseits mit der Tatsache, dass die Erhebungen, die in den einzelnen Ländern gemacht werden, ungleich zuverlässig sind. Da wird zum Beispiel der Flüchtlingsbegriff sehr eng im Sinn der Genfer Konvention nur auf Personen angewendet, die als Individuen, auf Grund ihrer Biographie und ihres politischen oder beruflichen Engagements,  durch staatliche Bedrohung an Leib und Leben gefährdet sind; oder er wird in einem weiteren Sinn auf alle Menschen ausgeweitet, die als Mitglieder einer ethnischen oder religiösen Gruppe oder auf Grund ihrer Schicht- oder Volkszugehörigkeit verfolgt werden, Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind, aus ihren Häusern, Dörfern und Städten vertrieben oder sonstwie jeder Existenzgrundlage  beraubt werden.  Dazu kommt, dass insbesondere in Afrika ganze Bevölkerungsgruppen  auch auf Grund ökologischer Heimsuchungen  und damit verbundener Existenzbedrohung  – zum Beispiel durch Dürre- und Austrocknungskatastrophen – zum Verlassen ihrer angestammten Wohngebiete gezwungen.

Flüchtlinge, die nicht individueller Verfolgung ausgesetzt sind, sondern als Mitglieder eines Kollektivs Schutz brauchen, werden von den Schweizerischen Hilfswerken als Gewaltflüchtlinge  bezeichnet. Deren Status soll im Rahmen der Revision des Asylgesetzes geregelt werden. Bis anhin konnten sie mit einer von Fall zu Fall zugestandenen  kollektiven vorläufigen Aufnahme rechnen, die jeweils auf sechs Monate hin gilt. Die Schweizerischen Hilfswerke verlangen vom Bundesrat, dass der Aufenthalt für kollektiv Schutzbedürftige so lange garantiert sei, bis diese ohne Zwangsmassnahmen  in ihre herkömmlichen Wohnorte zurückkehren können.

 

Noch immer verursachen Kriege die meisten Flüchtlinge

Die meisten und grössten Flüchtlingsbewegungen  entstehen durch Kriege, Bürgerkriege und kriegsmässige Gewaltausschreitungen. Heute herrscht in über fünfzig Ländern Krieg. Das bedeutet Verlust aller existentiellen  Sicherheiten, physische Bedrohung, seelische Traumatisierung,  Hunger, Obdachlosigkeit und Krankheit für Abermillionen  von Menschen, insbesondere für einen wachsenden Anteil an wehrlosen Opfern.  Während noch im Ersten Weltkrieg der Anteil der Opfer in der Zivilbevölkerung rund 5 Prozent betrug, wuchs dieser Anteil im Zweiten Weltkrieg schon auf 50 Prozent an. Dazu kamen damals Hundertausende  von rassistisch und politisch Verfolgten und Millionen von Menschen, die durch die nationalsozialistischen Vernichtungsmassnahmen ermordet wurden. In den Kriegen, die seit 1945 überall in der Welt geführt werden, wachsen die Zahlen der Opfer prozentual ständig an.  Heute rechnet man, dass 80 bis 90 Prozent der Opfer Kinder, Frauen und alte Menschen sind, denen zumeist nur die Flucht bleibt, um das nackte Leben zu retten.

 

Bosnien – einst die  “Schweiz des Balkans”

So hat der Krieg, der 1991  zwischen Kroatien und Serbien begann, dann nach wenigen Monaten auf Bosnien-Herzegowina  ausgeweitet wurde und seither dort mit unvorstellbarer Grausamkeit geführt wird, dieses einst blühende Land, das mit seinen Tälern und Bergen, mit seinem Völker- und Kulturgemisch zu Recht die “Schweiz des Balkans genannt wurde, zu einem Trümmer- und Gräberfeld gemacht. Zwischen drei und vier Millionen Menschen sind allein aus den Dörfern und Städten Bosnien-Herzegowinas  vertrieben worden, mussten vor dem “anonymen”  Granathagel wie vor den Gewehrläufen aufgehetzter und verrohter Soldaten und aus brennenden Häusern fliehen.  Sie befinden sich seither in provisorischen Flüchtlingslagern oder in individuellen Notunterkünften im eigenen Land oder irgendwo im Ausland.

Die Schweiz hat ehemaligen Kriegsgefangenen und deren Familienangehörigen, das heisst insgesamt rund 2’600 Personen den vollen Flüchtlingsstatus  gewährt.  Zusätzlich gestand sie etwas über 2000 Frauen, Kindern und alten Leuten im Rahmen kollektiver Einreisen eine jeweils  auf sechs Monate befristete vorläufige Aufnahme zu.  Die Visumerteilung auf Einzelgesuche  hin wurde von den Schweizer Behörden bedeutend restriktiver gehandhabt, als dies insbesondere vom EJPD immer wieder betont wurde.  Die von unserem Aussenministerium  verbreiteten Zahlen von 50’000 bis 70’000 Kriegsflüchtlingen  aus Bosnien, die sich in unserem Land autbielten,  sind, wie nun auch von offizieller Seite korrigiert wurde, “tatsächlich missverständlich  formulierte Zahlen”. Zwischen Anfang 1992 bis Ende April 1993 haben 11 ‘293 Bosnierinnen und Bosnier ein Visum erhalten, viele von ihnen als in direkter Linie verwandte Familienangehörige  von Saisonnierarbeiterinnen und -arbeitern, deren Aufenthalte verlängert wurden.  Sie wurden von den eigenen Familienangehörigen  aufgenommen und werden auch von diesen versorgt.

Doch alle diese Visa sind auf kurze Zeit – auf drei oder auf sechs Monate – befristet.  Auch sind die mit der Aufenthaltsgenehmigung verbundenen Lebensmöglichkeiten je nach Kanton sehr verschieden. Dies betrifft insbesondere die Einschulungs- und Ausbildungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche, sodann für Erwachsene die Möglichkeit, Arbeit anzunehmen.

 

Insgesamt zurückgehende Asylgesuche

Trotz der Kriegsvertriebenen  aus dem ehemaligen Jugoslawien war im Jahr 1992 die Anzahl Asylsuchender so tief wie schon lange nicht mehr. Allein im Vergleich mit dem Vorjahr waren es 20’000 Menschen weniger, die bei uns um Asyl nachsuchten. Konkret heisst das, dass 21’720 Menschen im Rahmen des Asylverfahrens oder besonderer Bundesratsbeschlüsse  in der Schweiz aufgenommen oder hier geboren wurden. Es sind dies, neben den Flüchtlingen aus dem ehemaligen Jugoslawien, vor allem Tamilen und Tamilinnen, Kurden und Kurdinnen aus der Türkei sowie Asylsuchende aus dem Kosovo und aus Somalia. Im Jahr 1992 betrug laut BFF-Statistik die durchschnittliche  Anerkennungsquote 4,5 Prozent (im Vorjahr 3 Prozent). Auch im ersten Quartal  1993 nahm die Anzahl der Gesuche gegenüber Ende 1992 erneut ab. Trotz dieser Abnahme ist der ausländische Bevölkerungsanteil  in der Schweiz mit etwas über 17 Prozent verhältnismässig  hoch.

 

Immigrations- und Asylverhältnisse in den übrigen europäischen Ländern

Gemäss der OECD-Statistik wanderten zwischen  1980 und 1992 in Westeuropa etwas über 15 Millionen Menschen als Arbeitsmigranten und – migrantinnen  ein.  In der gleichen Zeitdauer gelangten an die 5 Millionen Asylsuchende und Flüchtlinge mit einem Aufnahmegesuch an die gleichen Länder. Allein in (West)Deutschland wuchs der ausländische Bevölkerungsanteil  innerhalb der gleichen Periode von 4,5 Millionen auf 5 ,2 Millionen  (das heisst auf 8,5 Prozent) an, wobei die grössten Gruppen durch türkische, jugoslawische  und von polnische Staatsangehörige gebildet werden.  Im Lauf des Jahres 1992 wurden in Westdeutschalnd  500’000 Asylgesuche eingereicht. Die Anzahl Asylsuchender wuchs zwischen 1991  und 1992 von 3 83’901  auf 827’143 Personen an.  (Als Vergleich: In den USA wurden im gleichen Zeitraum 70’000, in der Schweiz 17’960 Asylgesuche gestellt).

In Frankreich machten  1990 die Ausländerinnen  und Ausländer 6,4 Prozent der Gesamtbevölkerung  aus. Deren Zusammensetzung  besteht vor allem aus algerischen, marokkanischen  und portugiesischen Staatsangehörigen.  Zu diesen fast 2 Millionen Auländerinnen  und Ausländern kommen noch etwas über 1 Million Menschen aus den gleichen oder aus anderen fremden Herkunftsgebieten,  die die französische Nationalität erlangen konnten sowie etwa eine halbe Million Abkömmlinge aus ehemals französischen Kolonialterritorien in Afrika, in der Karibik und im Pazifik. Das UNHCR erwähnt für 1992 die Zahl von 182’589 Asylsuchenden und Flüchtlingen, die sich in Frankreich aufhalten.

In Grossbritannien wird nach den statistischen Angaben der UNO dieses Jahres der Anteil von Asylsuchenden, von Arbeitsmigranten und -migrantinnen sowie von Menschen aus ehemals britischen Kolonialgebieten  auf etwa 4,5 Millionen oder 8 Prozent der Bevölkerung geschätzt.  Während diese vor allem indischer, pakistanischer  und karibischer Herkunft sind, überwiegen in Schweden iranische und libanesische Asyl- und Arbeitssuchende,  in Norwegen pakistanische.

Nach Spanien,  Portugal und Italien  wenden sich vor allem Migrierende und Asylsuchende aus lateinamerikanischen Ländern, aus den Philippinen  sowie aus Nord- und Westafrika, entsprechend kolonialer und sprachlicher Verbindungen.

Seit den 1989 erfolgten politischen Veränderungen  in den Ländern Ost- und Zentraleuropas sind, wie der UNO-Report festhält, insbesondere Ungarn, das ehemalige Ostdeutschland,  die Tschechei, die Slowakei und Polen auch für “Hundertausende von Asylsuchenden und Migrierenden von anderswoher”, wie der detaillierte Bericht auf ungenaue Weise festhält, zu Einwanderungsländern gewoden, ohne dass allerdings die nötige Erfahrung noch die nötige Infrastruktur vorhanden seien, um mit den Anforderungen, die daraus entstehen, zurechtzukommen.

 

Im Nahen und  Mittleren Osten

Genauere Zahlen sind für die ölproduzierenden Länder verfügbar. 1985 wiesen die Golfstaaten einen Ausländerbestand  von 7,2 Millionen Menschen auf, von denen 5,1  Millionen Wanderarbeiter und Wanderarbeiterinnen  waren.  Von diesen wiederum kamen 63 Prozent aus asiatischen Herkunftsländern, insbesondere aus Pakistan, Indien,  Südkorea und den Philippinen,  mit geringeren, aber immer noch beträchtlichen  Anteilen aus Bangladesh, Indonesien ,  Sri Lanka und Thailand.  Allein in Irak waren vor dem Golfkrieg an die 3 Millionen Fremdarbeiter und Fremdarbeiterinnen registriert, von denen der grösste Teil aus Ägypten kam. Der Krieg vertrieb sie aus Irak und machte sie zu Flüchtlingen im eigenen Land. Auch im Nahen Osten leben über 2,6 Millionen Menschen als Flüchtlinge.  Dazu gehören rund eine Million Palästinenser und Palästinenserinnen in der zu Israel gehörenden West Bank und in Gaza, ebenfalls eine Million in Jordanien, sodann etwa 320’000 im Libanon und 295’000 in Syrien.

Die grössten Flüchtlingsbewegungen  fanden in Folge der Afghanistankriegsereignisse statt.  In den achtziger Jahren flohen über 6 Millionen Menschen aus Afghanistan nach Pakistan und nach Iran.

Iran hat in den letzten Jahren über 3,6 Millionen Menschen Asyl gewährt, darunter 320’000 Flüchtlingen aus Irak.

 

Im ostasiatischen Raum

Im ostasiatischen Raum wurde nach dem Golfkrieg Japan zu einem Auffangland für einen Grossteil der durch den Golfkrieg entwurzelten asiatischen Fremdarbeiterinnen und -arbeiter.  Während noch in den frühen achtziger Jahren, gemäss dem UNHCR-Report, vor allem illegal Eingereiste sich in Bau- und Servicejobs irgend ein Auskommen suchten, liessen sich die Einreisegesuche  durch den Ende der achtziger Jahre eingeführten Visumzwang genauer ermessen.  1989 konnten 20’500 Gesuche gezählt werden; 1992 waren sie auf 280’000 angewachsen.

In den südostasiatischen Ländern ist ein doppelter Migrationsfluss festzustellen.  Während geschickte und zum Teil qualifizierte Arbeitskräfte emigrieren (nach Japan, in die Golfstaaten usw.), suchen Abertausende von Menschen aus Kriegs- oder Armutsgründen Asyl und Auskommen in diesen gleichen Ländern.

In den sechziger und siebziger Jahren wurden durch die Indochina- Kriege über zwei Millionen zu Flüchtlingen gemacht. Etwa eine Million Menschen fanden in Nordamerika und in Europa Aufnahme;

300’000 setzten sich nach China  ab, etwa eine halbe Million verblieben in Flüchtlingslagern  in in den betroffenen Ländern selbst. Thailand, das selbst ein Emigrationsland  ist, beherbergte im Dezember  1991 über 500’000 Flüchtlingen aus Kambodscha, aus Vietnam und aus Myamnar.  Oder Malaysia,  von wo aus eine beträchtliche Arbeitsemigration  nach Japan festzustellen ist, zählt über eine Million illegal eingereister Menschen aus Indonesien und aus Thailand, zum Teil Flüchtlinge, zum Teil Armutsmigranten  und – migrantinnen.

 

USA, Kanada und Australien

Was die USA betrifft.  so beziffert der UNO-Report die legalen Einreisen aus Drittweltländern  für die achtziger Jahre auf rund 7,5 Millionen, schätzt aber, dass zusätzlich etwa 2,5 Millionen Menschen illegal einwanderten,  insbesondere aus Mexiko und aus Kuba, sodass für die Zeit zwischen 1980 und 1990 die USA mit rund 10 Millionen Asyl- und Arbeitssuchenden  konfrontiert war. Für Kanada und Australien sind die Angaben, die die UNO vermittelt, ungenau.  Was für die Zeit von 1985 bis 1987 galt, dass in Kanada 70 Prozent und in Australien 50 Prozent der gesamten Einwanderungsgesuche  durch Menschen aus Drittweltländern gestellt wurden, gilt von der Grössenordnung her vermutlich noch heute.

 

In Lateinamerika und im karibischen Raum

Komplexe Migrationsbewegungen sind auch in Lateinamerika  und in der Karibik festzustellen.  So findet zum Beispiel eine starke Immigrationsbewegung  aus Haiti in die Dominikanische Republik statt (vor allem von Frauen), von dieser jedoch auch wieder eine zahlenmässig ebenso bedeutende Emigrationsbewegung nach Venezuela.  Ebenso ist Brasilien  Zielland einer grossen Anzahl von Migranten und Migrantinnen aus allen Nachbarländern, während vor allem brasilianische  Wanderarbeiter sich in grosser Anzahl nach Paraguay absetzen.  Von Paraguay aus, ebenso wie von Uruguay und Bolivien aus, bewegen sich jedoch wiederum grosse Migrationsströme nach Argentinien, das jedoch in den letzten Jahren mit der zunehmenden wirtschaftlichen  Rezession selbst zum Auswanderungsland  wurde.

Die grössten Migrationsströme  gehen von Mexiko aus. Allein in die USA setzten sich in den achtziger Jahren rund drei Millionen Mexikaner und Mexikanerinnen  ab.  Gleichzeitig beherbergt Mexiko über 50’000 Flüchtlinge aus zentralamerikanichen Ländern.  An zweiter Stelle steht Kolumbien, das im gleichen Zeitraum zwischen 700’000 und einer Million Menschen auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen verliessen, vor allem mit dem Zielland Venezuela. Es sind grosse Wanderungsbewegungen, von denen auch die UNO-Organisationen  über keine genauen Zahlen verfügen, deren Ursachen aber sowohl wirtschaftliches Elend wie politische Instabilität oder gar Verfolgung sind. Das UNHCR schätzt die Anzahl von Menschen, die allein in Zentralamerika  aus Fluchtgründen Hilfe brauchen, auf über 1,2 Millionen Menschen.

 

In Afrika

Ebenso verhält es sich in Afrika.  Migrations- und Fluchtbewegungen von Millionen von Menschen finden innerhalb des Kontinents statt. Aus den nordafrikanischen Ländern Algerien, Marokko und Tunesien setzt sich eine grössere Anzahl Menschen nach Europa ab, vor allem in die EG- Länder.  Allein für  1989/90 waren es – ohne die illegalen Einreisen zu rechnen – 2, 1   Millionen Menschen, die sich aus ihren maghrebinschen  Herkunftsländern  nach dem Norden aufmachten. Ein Teil der Flüchtlinge,  so die in Marokko verfolgten Saharauis, suchten zu Hundertausenden  Zuflucht in Algerien  und in Mauretanien.

Jenseits des Maghreb wirkte jahrzehntelang Ghana  als Magnet für Migrationsbewegungen aus den angrenzenden Ländern; heute sind dies eher die Elfenbeinküste und Nigeria.  Aus diesen Ländern wandern jedoch  geschickte und qualifizierte Arbeitssuchende  auch wieder in andere afrikanische Länder aus.  Im südlicheren Afrika bestand vor allem ein ständiger Migrationsstrom  aus Lesotho, Botswana und Swaziland, in kleinerem Ausmass aus Mozambique, Malawi und Zimbabwe in die Südafrikanische Republik.

Sowohl bezüglich der menschlichen Tragik wie bezüglich des zahlemnässigen Ausmasses sind in Afrika die Flüchtlingsströme  noch von viel grösserer Beutung als die Arbeitsmigrationsströme.  Ende 1991  schätzte das UNHCR, dass die Anzahl der Flüchtlinge überall in Afrika gegen 6 Millionen ausmache. Krieg, politische Unruhen und Hungersnöte verursachten  im Horn von Afrika, in praktisch allen Ländern, insbesondere in Kenya, komplexe Flüchtlingsbewegungen. 1989 hielten sich in Aethiopien, in Somalia und im Sudan über zwei Millionen Flüchtlinge auf, die sich von einem Land ins andere absetzten.  Seither ist die Zahl der Vertriebenen und Hungernden noch viel grösser geworden. Im November  1992 wurden die aus Mozambique geflüchteten Menschen, die in Lagern in Malawi, Zimbabwe, Zwaziland und in anderen Nachbarländern  Asyl gesucht hatten, auf etwa zwei Milionen geschätzt.  Guinea beherbergte  1991 550’000 Flüchtlinge, wovon 405’000 allein aus Liberia geflohen waren.  In Zaire halten sich etwa 500’000 Flüchtlinge aus anstossenden Ländern auf, vor allem aus Angola. Zwischen  1988 und 1990 haben sich die Flüchtlingszahlen allein in Westafrika versechzehnfacht.

 

Kinder und  Frauen haben als Flüchtling das schwerste Los

Bei allen Fluchtbewegungen machen Kinder die zahlenmässig grösste Gruppe aus.  Kinder sind die schwächsten und tragischsten Opfer von Gewalt, Vertreibung und Verelendung, die mit allen kriegerischen Handlungen einhergehen.  Die Chancen von Kindern, im Lauf ihrer Entwicklung aufholen  zu können, was durch so viel Gewalt und Entwurzelung zerstört wurde, sind in den meisten Fällen gering. Die psychischen und kulturellen Kriegsfolgen, allein wenn die Schädigungen der zukunftsbestimmenden Generationen ins Auge gefasst werden, sind noch unabsehbarer  als die materiellen. Auch Frauen haben als Flüchtlinge zumeist ein vielfach härteres Los als Männer, kommen doch zu den Verlust- und Gewalterfahrungen, die sie mit diesen teilen, zusätzliche Erfahrungen sexueller Gewalt, der sie ausgesetzt sind. Auch die Sorge um Kinder und alte Eltern ruht häufig auch unter Fluchtbedingungen  allein auf ihren Schultern. Auf Grund vieler Begegnungen und Gespräche mit bosnischen Frauen, die sich vorübergehend in der Schweiz aufhalten, lässt sich sagen, dass das Ausmass an Trauer, die diese zu verarbeiten haben, und an Kraft, die von ihnen erwartet wird, alle Vergleichsmöglichkeiten übersteigt.

 

Gibt es ein Fazit?

Hinter diesen Zahlen steht millionenfach je ein einzelnes menschliches Leben, stehen je einzelne Not, Verzweiflung und Heimatlosigkeit.

Die Schlussfolgerung, die sich aufdrängt, ist, dass alles getan werden muss, um Kriege zu verhindern. Das heisst, es muss alles getan werden, um Feindbilder abzubauen, um das Zusammenleben  zwischen Menschen in einem gerechten und friedlichen Sinn zu fördern und um Krieg und Flüchtlingselend zu verhindern.

Ebenso müssen alle innovativen und konstruktiven Kräfte dafür eingesetzt werden, damit sich anbahnende Voraussetzungen für grosse Entwurzelungs- und Migrationsbewegungen und damit für absehbare Verelendungsfolgen für eine grosse Anzahl von Menschen auf Grund ökologischer, wirtschaftlicher und politischer Katastrophen – vorbeugend verändert werden können.  Zum Zweck echter Friedensarbeit müssen in den Ländern  des Armutsgürtels der Welt möglichst grosse Mittel  im Bildungs-  und Investitionsbereich eingesetzt werden.

Zu diesen Postulaten, die im Sinn der Friedenssicherung als Präventivmassnahmen künftigen Kriegs- und Migrationskatastrophen gegenüber  nicht nur von der Schweiz,  sondern  von allen Industriestaaten ernst genommen werden  müssen,  kommen Forderungen hinzu, die unsere  innerstaatliche Asyl- und Migrationspolitik betreffen.  Es ist aus humanitären Gründen  erfordert, dass Flüchtlingen, die den Weg in unser Land gefunden haben, entweder Integrations- oder Rückkehrmöglichkeiten geboten  werden, die von der Qualität  her unseren  eigenen Bildungs-  und Existenzmasstäben und damit unseren  eigenen Wünschen  nach einer lebenswerten Zukunft  entsprechen.  Alle Anstrengungen in diesem Sinn tragen dazu bei, den sozialen  Frieden,  den wir für unser eigenes Land als unabdingbar einschätzen, zu stärken.

 

siehe auch: “Einmischung in die offizielle Flüchtlingspolitik (I) – Frauenpolitik im Dienst der Flüchtlingshilfe vom Spanischen Bürgerkrieg bis heute”. Artikel in Rote Revue, Zeitschrift für Politik, Wirtschaft und Kultur Nr. 4 / 1993

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